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"Da kommen die Hennigsdorfer!" Ab 6 Uhr morgens marschierten am 17. Juni 1953 15.000 Hennigsdorfer Stahlarbeiter durch Wedding nach Ostberlin (Artikel im TAGESSPIEGEL  vom 16.06.2003). Rechts im Bild West-Berliner Polizei.

Acht Jahre nach Kriegsende erhoben sich streikende Arbeiter in der DDR gegen die sozialistische Obrigkeit und forderten die Rücknahme der Erhöhung der Arbeitsnormen. Diese und weitergehende politische Forderungen, darunter jene nach freien Wahlen, wie sie am 17. Juni 1953 in zahlreichen ostdeutschen Orten vorgetragen wurden, erschütterten das Regime. Der Westberliner Radiosender RIAS (Radio im amerikanischen Sektor) strahlte diese überregional aus, was wiederum als Provokation gewertet wurde. Nur durch die sowjetischen Truppen mit ihren Panzern und durch die kasernierte Volkspolizei konnte der Volksaufstand schnell unterdrückt werden; vgl. Wikipedia mit weiteren Angaben und Fotos (https://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_vom_17._Juni_1953).

Im Alter von 13 Jahren wurde ich in dem alten Arbeiterbezirk Wedding teilweise Augenzeuge der Ereignisse im geteilten Berlin: Am Vormittag rief mein Stiefvater [Dr. med. Adalbert Schwede, der nahe der Sektorengrenze im französischen Sektor seine Praxis hatte] von der Praxis aus in der Wohnung an und berichtete von Arbeiter-Demonstrationen im Ostsektor. Ich machte mich sofort zu Fuß auf den Weg und erlebte als erstes den langen Marsch der Hennigsdorfer Stahlarbeiter [nördlich von Berlin] durch die Müllerstraße, wo sie auf der Höhe der Müller-Halle von Bäckern und Fleischern mit Brötchen und Wurst versorgt wurden. Ein starkes Zeichen der Solidarität. Der Kampf um die Zurücknahme der Arbeitsnormen, die die Regierung der DDR beschlossen hatte, breitete sich als Aufstand im ganzen Land aus und konnte nur mit Hilfe der sowjetischen „Freunde“ unterdrückt werden.- Ich erlebte an der Sektorengrenze in der Chausseestraße die Motorradfahrer, die in ihren Beiwagen Verletzte vom Brennpunkt Potsdamer Platz in den Westsektor brachten. Und schließlich brummten die ersten sowjetischen Panzer heran und blieben auf der Grenzlinie stehen. Alle hielten den Atem an: Würde ein neuer Krieg ausbrechen?  Glücklicherweise passierte dies nicht. Aber Tage später wurden einige der Opfer des Arbeiteraufstandes in Berlin in einem Staatsbegräbnis auf dem Weddinger Friedhof beigesetzt.

Als der Kalte Krieg und die „Freundschaft“ der Sowjetunion zu Ende gingen, konnte sich das Volk der DDR 1989 schließlich durchsetzen. Die Hennigsdorfer und viele andere im wiedervereinigten Deutschland werden sich am 17. Juni 2023 daran erinnern: https://landesregierung-brandenburg.de/gedenken-17-juni-1953/

In English:

Eight years after World War II had ended, the workers of the German Democratic Republic called a strike and stood up against their socialist government. On 17 June 1953 many East German citizens demanded the cancellation of increased work norms and even free elections, demands which horrified the regime. The West Berlin radio station RIAS (Radio im amerikanischen Sektor) broadcast their demands very widely, which the East German authorities characterised as “provocation”. Soviet troops with tanks and the East German riot police quickly subdued the riots.

At the age of 13 I was able to observe what was going on in Wedding, the workers’ district in West Berlin: In the morning of 17. June my stepfather Dr Adalbert Schwede phoned from his surgery in the French sector on the border with Soviet-controlled East Berlin and informed us about the workers’ demonstrations in the Eastern parts of Berlin. I set off at once and watched the long march of the Hennigsdorf steel workers, coming from the north of Berlin, down through the big wide Müllerstrasse. They passed a covered market, where the bakers and butchers provided them with rolls and sausages. A great sign of solidarity. The steel workers’ uprising, demanding that the government stop raising the work norms, spread all over the country. It was finally suppressed by the so-called Soviet “friends”.- Standing next to the border on Chausseestrasse I saw the motor cyclists who had arrived from the centre of East Berlin, where Potsdamer Platz was on fire, carrying wounded people to West Berlin in their sidecars. In the end Soviet tanks appeared and stopped at the border of the Soviet sector. Everybody was frightened: Would there be another war? Fortunately, this did not happen. However, a couple of days later I attended the funeral of some victims of the workers’ riots in Berlin Wedding.   

When the cold war and the socalled "friendship" with the Soviet Union ended  the people of the GDR finally succeeded in 1989. The people of Hennigsdorf and many other oplaces of reunitede Germany will remember on 17 June 2023.

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