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Monday, 19 September 2022 16:47

Das zweite Elisabethanische Zeitalter ging zu Ende

Selten erlebt man historische Persönlichkeiten und Momente so direkt wie in diesen Tagen der Trauer um Königin Elisabeth II.. In London waren in Trauer vereint Alt und Jung, und zu der Trauerfeier am 19. September 2022 kamen Repräsentanten aus aller Welt. Es gibt einen neuen König, Charles III., aber die Probleme, insbesondere der Krieg in der Ukraine, die globale Wirtschaftskrise und der Klimawandel bleiben. Ein Blick in die Geschichte, hier Großbritanniens, erscheint dennoch sinnvoll.

In der Zeit der englischen Königin Elisabeths I., 1533 geboren, Herrscherin 1559-1603, einer gebildeten und energischen Herrscherin, erlangte England globale Bedeutung. Die Schiffe der Königin, darunter die des Seefahrers Walter Raleigh, erkundeten neue Länder und errangen militärische Stärke auf den Weltmeeren. 1588 wurde die spanische Armada geschlagen und erlitt an der Küste Irlands Schiffbruch. Wie in der Gegenwart war die politische Elite in jener Zeit zerrissen und voller Intrigen. Andererseits ging es wirtschaftlich bergauf, und mit William Shakespeare und anderen Zeitgenossen erwarben sich die englische Literatur und das Theater dauerhafte Weltgeltung. Das goldene Elisabethanische Zeitalter dauerte immerhin 44 Jahre.

Elisabeth II., 1926 geboren, war Königin des Vereinigten Königreichs seit 1952. Sie starb am 08.September dieses Jahres, nachdem sie wenige Monate zuvor noch ihr 70-jähriges Jubiläum feiern konnte. Noch zwei Tage vor ihrem Tode hat die „Queen“, wie sie auch weltweit genannt wurde, die neue Premierministerin mit der Regierungsbildung beauftragen können. Sie war eine integre Persönlichkeit und Monarchin, die aus christlicher Gesinnung und hohem Verantwortungsethos – aber ohne wirkliche Macht – wirkte. Ihre vorbildhaft einende Lebensleistung fand leider wenig Nachahmung in der herrschenden politischen Elite Großbritanniens, die aber über kein Empire mehr verfügt. Diese Elite, wesentlich verantwortlich für den Brexit, muss sich angesichts der wirtschaftlichen Probleme damit trösten, dass ihre Sprache, das Englische, die Welt beherrscht. Es ist nur zu hoffen, dass Charles III. das Werk seiner Mutter in einer unruhigen Welt fortsetzen kann.   

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Der Streit um Impfstoffe, der sich Ende Januar 2021 kurzfristig zwischen Großbritannien und der Europäischen Union entwickelte, zeigte, wie die Nerven aller Beteiligten bloßlagen. Von den Regierungen und vor allem von den Medien waren (zu) große Erwartungen geweckt worden, die angesichts von Lieferproblemen der Firmen zumindest in Deutschland enttäuscht wurden. Zum Glück für alle Beteiligten ruderte die EU-Kommissionspitze schnell mit der Drohung zurück, einen Exportstopp für Impfstoffe zu verhängen. Der diplomatische Schaden war jedoch schon geschehen, weil die Abstimmung innerhalb der EU mangelhaft und die Drohung mit dem Austrittsparagraphen im jüngst abgeschlossenen Brexit-Abkommen sich als ein Eigentor herausstellte. Der europafreundliche GUARDIAN wies am 29.01.2021 zu Recht u.a. darauf hin, dass Großbritannien bereits drei Monate vor der Europäischen Union Lieferverträge abgeschlossen, relativ mehr als diese Geld für entsprechende Forschungsprojekte vorgestreckt und schneller als die EMA (Europäische Agentur) die Impfstoffe zugelassen hatte: https://www.theguardian.com/society/2021/jan/29/we-had-to-go-it-alone-how-the-uk-got-ahead-in-the-covid-vaccine-race?CMP=Share_iOSApp_Other

Wo bleibt der Impfstoff? So fragte die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG am 05.02.2021: https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/wo-bleibt-der-impfstoff-e942998/?reduced=true

Das Dossier, an dem 17 Journalisten mitgearbeitet hatten, bot eine detaillierte Schilderung des globalen Wettkampfs um Impfstoffe gegen den Coronavirus. Demnach hatte die EU bis dahin mit sechs Firmen vertraglich gesicherte Impfdosen vereinbart. Von den sechs waren nur drei Firmen in der EU zugelassen: Biontech/Pfizer, AstraZeneca und Moderna. Diese drei Firmen sollten rund 170 Millionen Dosen an Deutschland (80 Millionen Einwohner) für die jeweils erste und zweite Impfung liefern. Allerdings klaffte eine Lücke zwischen deren Lieferungsgeschwindigkeit und der Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit.

Der Zank war so unnötig wie ein Kropf. Er hatte aber auch sein Gutes: Neben der offenkundigen diplomatischen Blamage der EU-Kommission wurden die Kontinentaleuropäer auf mehrere Strukturmängel bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie aufmerksam:

  1. Die buchstäblich (für die Infizierten) fatale Langsamkeit bei drängenden Entscheidungen, die die EU-Kommission bei der Abstimmung innerhalb eines Staatenbundes von 27 Ländern zu treffen hatte und noch immer zu treffen hat. Dass dieses Problem bisher nicht gelöst wurde, ist nicht nur einigen osteuropäischen, konservativen Regierungen sondern auch der deutschen Bundesregierung anzukreiden. Letztere hat sich bis heute nicht mit den Reformvorschlägen des französischen Staatspräsidenten befassen wollen, der eine stärkere Integration der Europäischen Union gefordert hat.
  2. Die Planung, Entscheidungsfindung und Umsetzung praktischer Katastrophenpolitik innerhalb der Bundesrepublik Deutschlands geriet streckenweit zum Desaster. Das Gezerre zwischen der Bundesregierung und den Länderchefs und in den Ebenen darunter stieß wohl bei keinem Bundesbürger auf Verständnis. Die fortgesetzte Diskussion um den Schulbesuch ist nur ein (wichtiges) Beispiel. Dabei lieferten Wissenschaftler aller Disziplinen wiederholt konkrete Vorschläge. Zuletzt war es der „Aktionsplan für einen europaweit koordinierten Schutz vor neuen SARS-CoV-2-Varianten“: file:///C:/Users/Jakob/Documents/Blog/Aktionsplan-Covid-Europa.2021.pdf

Nur dank des relativ guten medizinischen Versorgungssystems stiegen die Infektions- und Todeszahlen in Deutschland bei weitem nicht so hoch an wie im Vereinigten Königreich. Andererseits zeigten gerade die Briten, die bisher mehr als elf Millionen Menschen erstmals geimpft haben, wie man durch gut organisiertes Impfen das Licht am Ende des Tunnels schneller erreichen kann. Bis Mai 2021 sollen alle über fünfzig Jahre alten Briten erstmals geimpft worden sein; vgl. BBC vom 06.02.2021: https://www.bbc.co.uk/news/amp/uk-55961387  Beide, Deutschland und Großbritannien, haben ihre politischen und strukturellen Defizite in der jetzigen Gesundheitskrise gezeigt, in beiden wurden wissenschaftliche Höchstleistungen  bei der Entwicklung von Impfstoffen erzielt und großartige Hilfe von Ärzten und Schwestern geleistet. Es bleibt aber die dringende Aufgabe für die Zukunft, bessere, auch international abgestimmte Strukturen für Katastrophenfälle sowie die entsprechenden personellen und finanziellen Ausstattungen zu schaffen. Man bedenke: Es gibt neben Pandemien auch noch ökologische und außenpolitische Katastrophen, die möglich sind…   

 

 

 

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