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Europe’s vaccine mess/Europas Durcheinander beim Impfen
geschrieben von Ekkehard HenschkeSo titelte am 16.03.2021 die NEW YORK TIMES in der Rubrik „The Morning“ von David Leonhardt. Und fuhr gleich fort: „Good morning. New coronavirus cases are declining in countries with high vaccination rates. Then there is Europe“/“Guten Morgen. Die Zahlen der Corona-Neuinfektionen sinken in jenen Staaten, die hohe Impfzahlen haben. Und dann gibt es (noch) Europa“.
Als die drei Besten werden Israel, die Vereinigten Arabischen Emirate und Großbritannien genannt. Chile folgt inzwischen. Sogar in den USA gehen die Infektionszahlen zurück - parallel zur Steigerung der Zahl der Geimpften. Dagegen dümpeln die Impfaktionen in vielen EU-Ländern trotz steigender Infektionszahlen dahin. Sogar die Zeitung „BILD“ rief aus: „Liebe Briten , We Beneiden You!“:
Leider teilten die BILD-Journalisten ihren Lesern nicht gleichzeitig mit, wie katastrophal die britische Regierungspolitik seit Ausbruch der Pandemie ablief. Das hat Laura Kuensberg, die kritische BBC-Politikredakteurin den Briten aufgezeigt: https://www.bbc.com/news/uk-politics-56361599
Der Weckruf an die Europäer ist dringend erforderlich, da die Meldungen von Unzufriedenheit mit dem europäischen Schlammassel in einigen Ländern wie Italien, Spanien und Holland nicht zu übersehen sind. Ob der Ruf gehört wurde, als das Impfen mit dem AstraZeneca-Stoff plötzlich gestoppt wurde?
Warum verhält sich die deutsche Regierung, immerhin das geopolitische Kernland der EU, in der Impffrage so wenig pragmatisch und damit so wenig effizient, wie es wie die britische seit einigen Monaten tut?
Die Kritik an den Europäern von jenseits des Atlantiks ist berechtigt – ebenso wie die Kritik der Europäer an der Pandemie-Politik unter Präsident Trump berechtigt war.
Die Analyse der NYT nennt drei Ursachen:
Erstens: Es ist die überbordende Bürokratie („Too much bureaucracy“). Großbritannien, die USA und andere Länder beeilten sich, Verträge mit den Herstellern von Impfstoffen abzuschließen. Dagegen bemühte sich die EU-Kommission zunächst um Einigkeit zwischen allen 27 Mitgliedsländern, wie man solche Verhandlungen führen sollte. Dieser Prozess hatte Vorrang vor der Geschwindigkeit bei der Beschaffung der Impfstoffe.
Zweitens: Das Prinzip „Sparsam im Kleinen, doch verschwenderisch im Großen“ („Penny-wise and pound-foolish“). Die EU legte großen Wert darauf, in den Verhandlungen möglichst niedrige Preise für die Impfstoffe zu erzielen. Sie erreichte 15 bis 19 Dollar pro BionTech/Pfizer-Dosis und musste sich dann in der entstehenden Warteschlange hinten anstellen. Angesichts einer gewaltigen jährlichen Wirtschaftsleistung der EU wären die Ersparnisse bei den Impfstoffpreisen zu vernachlässigen gewesen, wenn man die Kosten eines einzigen neuen Lockdowns, z.B. in Italien, dagegengehalten hätte. Die Israelis zahlten, um den Stoff schnell zu bekommen, den Premium-Preis von 25 Dollar und erzielten bis jetzt eine Impfquote von 60 % (bei den erstmals Geimpften)!
Drittens: Die europäische Skepsis gegenüber dem Impfen („Europe is the world’s epicenter of vaccine skepticism“). In 19 Ländern wurden die Einwohner gefragt, ob der Covid-Impfstoff als sicher und wirksam anzusehen wäre. In China bejahten dies 89 % und in den USA 75 %. In Deutschland waren es dagegen nur 68 %, in Frankreich sogar nur 59 %. So war es kein Wunder, dass Deutschland und Frankreich so schnell den Einsatz von AstraZeneca mit dem Hinweis auf (sehr wenige, nicht genau untersuchte) Thrombose-Fälle stoppten.
Last but not least: Das „Licht am Ende des Tunnels“ – so wurde die schnelle Entwicklung von Impfstoffen und deren Nutzung bezeichnet – ist zwar noch klein in Deutschland (8,4 % bei den erstmals Geimpften), aber dort wenigstens nicht geringer geworden. Ein Beispiel für Erfolge beim Impfen sind Meldungen aus der Bundeshauptstadt. Z.B. diese aus dem eigenen Familienkreis. Mein Schwager schrieb begeistert von seiner zweiten Impfung: „Ich muss lobend erwähnen, dass es in Berlin sehr gut mit Hilfe von Militär und Studenten organisiert ist. Du wirst sogar kostenlos mit dem Taxi chauffiert, ein ganz toller Service. So hoffe ich, dass bald wieder etwas Normalität eintritt und dass man sich wieder etwas näherkommen darf.“ Es geht also doch, auch in der Hauptstadt, die so oft wegen ihrer Bürokratie kritisiert wird. Für alle EU-Mitgliedsstaaten muss jetzt – nach der erneuten Empfehlung des Impfstoffes AstraZeneca - die Devise heißen: „Nicht kleckern, sondern klotzen“: Werben für das Impfen, um Vertrauen wiederzugewinnen, und möglichst vielen Menschen den kleinen schützenden Pieks geben.
Übergangsgesellschaften 1871 – 1941 – 1951 – 1961 - 1991 - 2021
geschrieben von Ekkehard HenschkeDie deutsche Geschichte ist wahrlich nicht arm an bedeutsamen Jahreszahlen. Daran soll erinnert werden. Die unten abgehandelte Erinnerung an die Reichsgründung von 1871 im besetzten französischen Königsschloss von Versailles: Es handelte sich um eine von Fürsten beschlossene nationale Einheit unter einem deutschen Kaiser; sie war sicher nicht die 1848 von deutschen Demokraten gewünschte. Nach Jahren des Friedens und der Prosperität kam der von deutscher Großmannssucht angezettelte Erste Weltkrieg mit nachfolgenden Krisen und dem Aufstieg des Faschismus. Zwei Jahre nach Auslösung des Zweiten Weltkriegs war 1941 das Jahr der ungebremsten deutschen rassistischen Aggression in Richtung Osten; es war zugleich Höhe- und Ausgangspunkt des Untergangs nationalsozialistischer Herrschaft im Jahre 1945.
Nur wenige Jahre später, 1951, wurde im sowjetisch bestimmten Teil Deutschlands der erste Fünfjahresplan zur Entwicklung der (sozialistischen) Wirtschaft begonnen. In dem von den Westalliierten bestimmten Teil Europas lief der amerikanische Marshall-Plan (European Recovery Program 1948-1951) auch für die (marktwirtschaftlich orientierte) Bundesrepublik aus.
Zehn Jahre später, am 13. August 1961, wurde die Mauer in Berlin errichtet und Deutschland noch sichtbarer geteilt. Ich erfuhr davon an Bord der TS "Susanne Fritzen", als ich mitten auf dem Atlantik die Bordzeitung las. Aber keine trennende Mauer der Welt hält ewig:
1989 rebellierten die Leipziger und Berliner erfolgreich auch gegen diese Mauer. Zwei Jahre nach dem politischen und ökonomischen Zusammenbruch der DDR beschloss der deutsche Bundestag im Jahre 1991 die Verlegung des Regierungssitzes von Bonn nach Berlin; damit wurde diese Stadt wieder Sitz eines vereinten, demokratischen Deutschlands.
Dreißig Jahre später, im Jahre 2021, ringen die Politiker in der prosperierenden, föderalen Bundesrepublik Deutschland um den rechten Weg aus der inzwischen weltweiten Corona-Pandemie. Die Viruserkrankungen beeinträchtigen das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben erheblich; viele Tote sind zu beklagen. Die sozialen und mentalen Folgen sind zur Zeit noch nicht abschätzbar. Was aber immer noch – nach über dreißig Jahren (formaler) Wiedervereinigung – erkennbar geblieben ist und zu denken gibt, das sind die zahlreichen Unterschiede zwischen den ost- und den westdeutschen Bundesländern und den Befindlichkeiten ihrer Einwohner. In dem Werk „ÜbergangsGesellschaft. Fotografien von Bernd Cramer 1985-2019“ (Halle 2019) meint Bernd Lindner in seiner Einleitung: „Das Gefühl „Deutscher zweiter Klasse“ zu sein, will unter den Ostdeutschen nicht weichen.“ Die große Chance im Übergang zu einer Gesellschaft nach der Pandemie liegt für die Deutschen darin, neben der wirtschaftlichen auch zu einer solidarischen, gemeinsamen mentalen Erholung aller in diesem Land Lebenden zu gelangen.
Die Pandemie, die Diplomatie und geweckte Erwartungen
geschrieben von Ekkehard HenschkeDer Streit um Impfstoffe, der sich Ende Januar 2021 kurzfristig zwischen Großbritannien und der Europäischen Union entwickelte, zeigte, wie die Nerven aller Beteiligten bloßlagen. Von den Regierungen und vor allem von den Medien waren (zu) große Erwartungen geweckt worden, die angesichts von Lieferproblemen der Firmen zumindest in Deutschland enttäuscht wurden. Zum Glück für alle Beteiligten ruderte die EU-Kommissionspitze schnell mit der Drohung zurück, einen Exportstopp für Impfstoffe zu verhängen. Der diplomatische Schaden war jedoch schon geschehen, weil die Abstimmung innerhalb der EU mangelhaft und die Drohung mit dem Austrittsparagraphen im jüngst abgeschlossenen Brexit-Abkommen sich als ein Eigentor herausstellte. Der europafreundliche GUARDIAN wies am 29.01.2021 zu Recht u.a. darauf hin, dass Großbritannien bereits drei Monate vor der Europäischen Union Lieferverträge abgeschlossen, relativ mehr als diese Geld für entsprechende Forschungsprojekte vorgestreckt und schneller als die EMA (Europäische Agentur) die Impfstoffe zugelassen hatte: https://www.theguardian.com/society/2021/jan/29/we-had-to-go-it-alone-how-the-uk-got-ahead-in-the-covid-vaccine-race?CMP=Share_iOSApp_Other
Wo bleibt der Impfstoff? So fragte die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG am 05.02.2021: https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/politik/wo-bleibt-der-impfstoff-e942998/?reduced=true
Das Dossier, an dem 17 Journalisten mitgearbeitet hatten, bot eine detaillierte Schilderung des globalen Wettkampfs um Impfstoffe gegen den Coronavirus. Demnach hatte die EU bis dahin mit sechs Firmen vertraglich gesicherte Impfdosen vereinbart. Von den sechs waren nur drei Firmen in der EU zugelassen: Biontech/Pfizer, AstraZeneca und Moderna. Diese drei Firmen sollten rund 170 Millionen Dosen an Deutschland (80 Millionen Einwohner) für die jeweils erste und zweite Impfung liefern. Allerdings klaffte eine Lücke zwischen deren Lieferungsgeschwindigkeit und der Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit.
Der Zank war so unnötig wie ein Kropf. Er hatte aber auch sein Gutes: Neben der offenkundigen diplomatischen Blamage der EU-Kommission wurden die Kontinentaleuropäer auf mehrere Strukturmängel bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie aufmerksam:
- Die buchstäblich (für die Infizierten) fatale Langsamkeit bei drängenden Entscheidungen, die die EU-Kommission bei der Abstimmung innerhalb eines Staatenbundes von 27 Ländern zu treffen hatte und noch immer zu treffen hat. Dass dieses Problem bisher nicht gelöst wurde, ist nicht nur einigen osteuropäischen, konservativen Regierungen sondern auch der deutschen Bundesregierung anzukreiden. Letztere hat sich bis heute nicht mit den Reformvorschlägen des französischen Staatspräsidenten befassen wollen, der eine stärkere Integration der Europäischen Union gefordert hat.
- Die Planung, Entscheidungsfindung und Umsetzung praktischer Katastrophenpolitik innerhalb der Bundesrepublik Deutschlands geriet streckenweit zum Desaster. Das Gezerre zwischen der Bundesregierung und den Länderchefs und in den Ebenen darunter stieß wohl bei keinem Bundesbürger auf Verständnis. Die fortgesetzte Diskussion um den Schulbesuch ist nur ein (wichtiges) Beispiel. Dabei lieferten Wissenschaftler aller Disziplinen wiederholt konkrete Vorschläge. Zuletzt war es der „Aktionsplan für einen europaweit koordinierten Schutz vor neuen SARS-CoV-2-Varianten“: file:///C:/Users/Jakob/Documents/Blog/Aktionsplan-Covid-Europa.2021.pdf
Nur dank des relativ guten medizinischen Versorgungssystems stiegen die Infektions- und Todeszahlen in Deutschland bei weitem nicht so hoch an wie im Vereinigten Königreich. Andererseits zeigten gerade die Briten, die bisher mehr als elf Millionen Menschen erstmals geimpft haben, wie man durch gut organisiertes Impfen das Licht am Ende des Tunnels schneller erreichen kann. Bis Mai 2021 sollen alle über fünfzig Jahre alten Briten erstmals geimpft worden sein; vgl. BBC vom 06.02.2021: https://www.bbc.co.uk/news/amp/uk-55961387 Beide, Deutschland und Großbritannien, haben ihre politischen und strukturellen Defizite in der jetzigen Gesundheitskrise gezeigt, in beiden wurden wissenschaftliche Höchstleistungen bei der Entwicklung von Impfstoffen erzielt und großartige Hilfe von Ärzten und Schwestern geleistet. Es bleibt aber die dringende Aufgabe für die Zukunft, bessere, auch international abgestimmte Strukturen für Katastrophenfälle sowie die entsprechenden personellen und finanziellen Ausstattungen zu schaffen. Man bedenke: Es gibt neben Pandemien auch noch ökologische und außenpolitische Katastrophen, die möglich sind…
18. Januar 1871: Deutsche Reichsgründung in Versailles
geschrieben von Ekkehard Henschke18. Januar 1871 und heute
Hundertfünfzig Jahre deutsche Geschichte. Angesichts der heutigen aktuellen Probleme der Welt zeigt sich das europäische Ereignis von 1871 als scheinbar marginales Datum: Genau an jenem 18. Januar 1871 wurde im schicksalhaften Spiegelsaal des Schlosses von Versailles bei Paris König Wilhelm von Preußen von den versammelten deutschen Fürsten zum deutschen Kaiser ausgerufen.
Anton von Werners Darstellung der Ausrufung Wilhelms II. zum deutschen Kaiser
Die Vielzahl von Fürstentümern wurde zu einem Bundesstaat zusammengeführt. An der Spitze stand der preußische König Wilhelm. Planer und erster Kanzler war der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck. Was nach diesem – für die Deutschen letzten siegreichen – Krieg folgte, waren Jahrzehnte höchst wechselvoller Entwicklungen mit zwei Weltkriegen, Spanischer Grippe, Revolutionen und Wirtschaftskrisen. Sie führten nach der Befreiung vom zentralistischen NS-Führerstaat zu zwei sehr unterschiedlichen deutschen Staaten, die erst wieder 1990 zusammenfanden. Die Republik Deutschland fungiert heute als demokratischer Bundesstaat anstelle eines feudal zu nennenden Fürstenbundes von 1871. Vor allem aber stellen Deutschland und Frankreich auf dem Kontinent endlich den friedlichen Kern der Europäischen Union, eines nach Integration strebenden Staatenbundes, dar.
Die Umstände und die Finanzierung (!) des Ereignisses von 1871, das am Ende einer Reihe von sogenannten Einigungskriegen stand, sind seit über fünfzig Jahren bekannt. Sie sind in ihren Einzelheiten aber erst seitdem „sine ira et studio“ in einer Reihe wichtiger Historikerarbeiten beschrieben. Dazu gehören das Werk von Fritz Stern (Gold und Eisen. Bismarck und sein Bankier Bleichröder/Gold and Iron. New York 1977 bzw. deutsch Frankfurt, Berlin 1978), das Bild eines ambivalenten Preußens von Christopher Clark (Iron Kingdom. The Rise and Downfall of Prussia, 1600-1947. London 2007 bzw. deutsch: Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600-1947. München 2008, bes. Kap. 16 u. 17) und die gerade erschienene Studie von Christoph Nonn (12 Tage und ein halbes Jahrhundert. Eine Geschichte des deutschen Kaiserreiches 1871-1918. München 2020; vgl. dazu den Bericht im SWR: https://www.swr.de/swr2/literatur/christoph-nonn-12-tage-und-ein-halbes-jahrhundert-eine-geschichte-des-deutschen-kaiserreiches-1871-1918-swr2-lesenswert-kritik-2020-10-21-102.html).
Auch in Corona-Zeiten lohnt ein Blick zurück. Die politischen Diskussionen und Spannungen in dem heutigen deutschen Bundesstaat, zwischen der Bundesregierung und den Ländern, zwischen der Zentrale und den Regionen, haben ihre „Vorläufer“. Auch wenn es das dominierende, problematische Preußen, das bereits die Nationalsozialisten einverleibt und die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst hatten, nicht mehr gibt.
Am ersten Januar 2021 konnten sich die Befürworter des Brexits freuen, dass die letzten Hürden für den faktischen Austritt aus der EU gefallen waren. Noch rechtzeitig zu Weihnachten 2020 war wenigstens ein Handels- und Kooperationsabkommen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union abgeschlossen worden. Die Europäer auf dem Kontinent sollten sich aber keinen Illusionen über die Stimmung in Großbritannien hingeben: Das Land und seine Teile sind immer noch stark gespalten. Umfragen im vergangenen Jahr ergaben, dass zwar etwa 46 % der Briten bei einem neuen Referendum für den Verbleib in der EU und nur 40 % für den Austritt stimmen würden; vgl.
https://whatukthinks.org/eu/questions/if-a-second-eu-referendum-were-held-today-how-would-you-vote/
Der irische Journalist Fintan O’Toole hat zu diesem Thema wiederholt das Verhalten der Briten, vorrangig der Engländer, analysiert und kritisiert, zuletzt in ZEIT-Online vom 01.01.2021:
Das Abkommen, „The Deal“, war das Ergebnis eines zähen Ringens, an dem die Vernunft auf beiden Seiten und das diplomatische Geschick des Franzosen Michel Barnier wesentlichen Anteil hatten. Es regelt neben dem essentiellen Handel von Gütern und Dienstleistungen u.a. auch visafreie touristische Reisen. Es vereinbart die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen, z.B. bei EUROPOL, schafft Kooperationsmechanismen (Partnership Council, Special Committees, Working Groups) und ein Schiedsgericht bei Differenzen (Arbitration Tribunal):
https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/draft_eu-uk_trade_and_cooperation_agreement.pdf
Fünf Tage später im neuen Jahr war es die zweite Welle der Corona-Pandemie, die den Brexiteers Essig in den Wein goss: Der britische Premier hat einen verschärften Lockdown mit all den wirtschaftlichen, sozialen und mentalen Auswirkungen für England (!) verkünden müssen. Die täglichen Infektionszahlen waren weiter auf einen Rekord von fast 60.000 gestiegen. Es sah und sieht nicht gut aus für das Vereinigte Königreich. Auch nicht für den Zusammenhalt: Die Schotten im Norden planen ein neues Referendum; sie wollen der EU beitreten. Im Westen „knabbert“ der Kompromiss über die faktische Zollunion Nord-Irlands mit der Republik Irland, Mitglied der EU, an der Souveränität, die die Brexiteers durch den Austritt wiedererlangen wollten. Aber: Eine neue Grenze mit Handelsschranken zwischen den beiden Teilen der Insel hätte mit Sicherheit wieder zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen wie vor dem sogenannten Good-Friday-Abkommen von 1998 geführt ; vgl.
Angesichts einer weltweiten Ausbreitung des Coronavirus und seiner Varianten ist Schadenfreude fehl am Platze. Jedes Land muss vor der eigenen Haustür kehren. Deutschland hat heute, am 05.01.2021, ebenfalls die Restriktionen verschärft und verlängert.
Dennoch keimt Hoffnung auf: In allen großen Ländern haben Massenimpfungen gegen das Coronavirus eingesetzt. Nach einem Wettlauf der Wissenschaftler in aller Welt konnte mindestens ein Dutzend wirksamer Impfstoffe entwickelt werden. Die Ergebnisse lassen hoffen, dass im ersten Halbjahr die Massenimpfungen die Pandemie eindämmen werden.
Ekkehard Henschke, 05.01.2021
Artist Ai Wei-Wei: Evidence in Berlin
geschrieben von Ekkehard HenschkeIn May 2014 my wife and I went to see the Ai Wei-Wei exhibition that is on here in Berlin until 07 July 2014. Though you don't get the scale of course, please klick on the following link and you will see some of his works.
Her short report: It was the best exhibition of contemporary art I have seen for a long time. The man is just extraordinary - such technical skill, so many ideas, such courage, so politically involved, so humorous. The huge central courtyard with the stools is so beautiful in real life, as there are a couple of thousand stools, each one different. Wonderful things in marble - marble, for heavens sake - and wood and metal and photography and films of the various political actions. And then the wallpaper made out of the IOU's to all the people who sent him 1 million Euros to support him.
And things made from the metal bars out of the reinforced concrete of all those badly-built schools where over 5000 children were killed during an earthquake. It's thanks to him that we even know there were at least 5,000. Amazing films of him recreating his captivity of 81 days and an installation recreating his padded cell.
You should not miss this exhibition of the most important artist of the present day!
Menschen, die auch ich in Leipzig erlebte - nach der Wende
geschrieben von Ekkehard Henschke
Herbst 1989 in Leipzig
Die heutige Meldung, dass der deutsche Nationalpreis an Christian Führer, Uwe Schwab und Christoph Wonneberger verliehen wurde, hat mich bewegt:
http://www.tagesschau.de/inland/nationalpreis-100.html
Den protestantischen Pfarrer Führer habe ich in meinen aufregenden Jahren (1992-2005) in Leipzig wiederholt in der Nicolaikirche erlebt. Diese barocke Kirche im Zentrum der Messe- und Universitätsstadt hatte der Protestbewegung jeden Montag ein christlich-revolutionäres Dach geboten. Führer beeindruckte als bescheidener, aber mutiger Mann während der Zeit vor, während und nach dem Schicksalsjahr 1989. Auch sein starkes soziales Engagement für die Arbeitslosen in der Stadt verdient hohe Anerkennung . Leipzig hatte sehr schnell mehr 120.000 industrielle Arbeitsplätze als Folge von Fabrikstilllegungen nach dem politischen und wirtschaftlichen Kollaps der DDR, aber auch wegen der erheblichen Schadstoffemissionen verloren. Der andere Pfarrer, Christoph Wonneberger, wohnte gar im gleichen Haus wie ich in der Leipziger Südvorstadt. Er war durch die Friedensgebete sehr bekannt worden, fiel aber gerade in den kritischen Wochen des Herbstes 1989 wegen einer schweren Erkrankung aus. Uwe Schwab, Mitbegründer des Neuen Forums, war als Bürgerrechtler besonders ins Visier der „Sicherheitskräfte“ der DDR geraten.
Zu der heutigen Meldung passt ein Projekt der Stiftung „Bürger für Leipzig“: Das Buch „Redefreiheit“ wird im Herbst 2014 erscheinen – 25 Jahre nach dem Fall der Mauer – und verspricht spannend zu werden. Darin werden die Tonbandaufzeichnungen von politischen Veranstaltungen während des Leipziger Herbstes 1989 erstmals ausgewertet: http://www.buerger-fuer-leipzig.de/stiftung/Redefreiheit.asp
Fortunately there are some good European media reporting and commenting on the worst battlefields in the Near East: Palestine and Syria and the humanitarian crisises. Academics and artists are equally very much concerned. One of them is the conductor Daniel Barenboim who holds two passports – Israeli and Palestinians. As a UN Messenger of Peace he recently raised his voice in the British GUARDIAN and should be heard:
Barenboim ist u.a. Ehrendoktor der Universität Oxford und musikalischer Direktor der Berliner Staatsoper, aber auch ein bedeutender Pianist, den ich im Leipziger Gewandhaus mit Bachs "Wohltemperiertem Klavier" hörte. Zugleich versucht er seit längerem, durch die Musik, insbesondere durch das Orchester des West-Östlichen Diwans, eine Brücke zwischen Arabern und Israelis zu schlagen.
Leipzig - Berlin: 1989 - 2014 ein glückliches Kapitel deutscher und europäischer Geschichte
geschrieben von Ekkehard Henschke25 Jahre nach den Massendemonstrationen, die zur Öffnung der Mauer in Berlin, der deutsch-deutschen Grenze, zum Zusammenbruch des "Ersten deutschen Arbeiter- und Bauern-Staates auf deutschem Boden", der DDR, und der anderen "sozialistischen" Regime führten, haben nicht nur die Deutschen allen Grund zur Freude.
Die Chronik des 09. November 1989 liest sich heute noch wie ein politischer Krimi:
http://www.chronik-der-mauer.de/index.php/de/Chronical/Detail/day/9/month/November/year/1989
Und so sah es im November 1989 an der Berliner Sektorengrenze aus:
In Leipzig wurde 2014 mit einem riesigen Lichtfest an den 09. Oktober 1989 erinnert, an dem fast 100.000 Menschen friedlich und mit Erfolg demonstriert hatten. Auf Einladung von Bundespräsident Gauck nahmen in diesem Jahr die Staatsoberhäupter der vier östlichen Nachbarstaaten an der großen Erinnerungsfeier teil:
http://www.mdr.de/89/best-of-neunter-oktober100.html
Mit dem Erscheinen des Buches "Redefreiheit" wurden erstmals die intensiven Diskussionen in der Messestadt im Krisenjahr 1989 veröffentlicht:
http://univerlag-leipzig.de/catalog/article/1576-Redefreiheit
Ein neues Jahr – zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte …
geschrieben von Ekkehard HenschkeLeider ist die Stimme eines Menschenfreundes, der seit 30 Jahren mit sozialwissenschaftlichem Sachverstand Mut zur Lösung der Gegenwartsprobleme gemacht hatte, am Neujahrstag verstummt: Der deutsche Soziologe Ulrich Beck (1944-2015) schrieb und mischte sich ein. Sein Buch über die „Risikogesellschaft“ von 1986 rüttelte die Welt angesichts der Katastrophe von Tschernobyl auf. Darin und in der „Weltrisikogesellschaft“ von 2007 versuchte er, Wege „auf der Suche nach der verlorenen Sicherheit“ aufzuzeigen. Damit schuf er Zuversicht für all jene nachdenklichen Menschen, die in einer weltweit vernetzten Gesellschaft leben und angesichts der Risiken von Katastrophen atomarer, politischer und ökologischer Art zu verzweifeln drohen. Der britische Soziologe Anthony Giddens bezeichnete Ulrich Beck als „den größten Soziologen seiner Generation“(http://habermas-rawls.blogspot.co.uk/2015/01/anthony-giddens-on-ulrich-beck-1944-2015.html).
Für mich ähnelt das Vermächtnis dieses Wissenschaftlers dem „Mythos des Sisyphos“, den der französische Denker Albert Camus mitten im Zweiten Weltkrieg veröffentlichte. Für kurze oder längere Zeit vermögen glücklicherweise die Musik und die schönen Künste unser Dasein zu verschönern. Lasst uns zuversichtlich in die Zukunft schauen wie dieser kleine Kerl, den ich kürzlich im Museum der Wiener Hofburg entdeckte.
weitere...
Die Medien scheinen Anfang diesen Jahres von den mörderischen Aktivitäten islamistischer Gruppen und den Aufmärschen von Bewegungen in Deutschland und Frankreich gegen Immigranten beherrscht zu sein. Die Meinungsfreiheit gegen die Allmacht staatlicher „Fürsorge-„Organisationen, wie sich Geheimdienst heute darstellen, gilt es zu verteidigen. Pegida, Legida, Bärgida, Front National zwingen uns zum Nachdenken bringen, ob wir das gemeinsame europäische Haus weiter offen halten wollen. Deshalb sind die viel zahlreicheren Demonstrationen so wichtig, mit denen sich gleichzeitig Deutsche und Franzosen, auch hier in Großbritannien, Menschen gegen kleinbürgerliche, fremdenfeindliche Ressentiments zur Wehr setzen.
Daneben sollte nicht aus den Auge gelassen werden: Die wachsende Ungleichheit von Reichtum und deren soziale, politische und ökologische Folgen und Risiken. Ulrich Beck hat dieses akute Menschheitsproblem in der „Risikogesellschaft“ als Soziologe analysiert, Thomas Piketty hat es unlängst in „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ mit Zahlenmaterial aufbereitet. In diesen Tagen hat OXFAM, die weltweit agierende Organisation zur Bekämpfung von Armut und Hunger, den politischen und Wirtschaftsführern, die in diesem Januar in Davos wieder zusammenkommen, eines der größten Probleme der Menschheit vorgehalten; vgl.
O-Ton Mark Goldring, OXFAM-Chef, 2014: „Inequality is one of the defining problems of our age. In a world where hundreds of millions of people are living without access to clean drinking water and without enough food to feed their families, a small elite have more money than they could spend in several lifetimes”. Es ist nicht nur absurd, sondern inhuman und gefährlich, wenn die 80 reichsten Männer der Welt so viel besitzen wie fast 3,5 Milliarden Menschen (die Hälfte der Weltbevölkerung). In der Zeit des Elends des Zweiten Weltkrieges gegründet, hat sich OXFAM im Verbund mit den kritischen Medien zu einer Art Weltgewissen entwickelt und jetzt konkrete Vorschläge unterbreitet: U.a. Verlagerung der Steuerbelastung von Arbeit und Verbrauch zur Steuerbelastung von Kapital und Reichtum; Einführung von auskömmlichen Mindestlöhnen; Investitionen in allgemeine, freie öffentliche Versorgung mit Gesundheitsfürsorge und Bildung; globale Zielvereinbarungen zur Bekämpfung der Ungleichheit.
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und unsere Umwelt
geschrieben von Ekkehard HenschkeTheodor Bergmann zum 99. Geburtstag am 07.03.2015
For British and German readers please start with these pictures: http://www.theguardian.com/global-development-professionals-network/gallery/2015/apr/01/over-population-over-consumption-in-pictures?CMP=EMCNEWEML6619I2
Human rights and our environment. Where are today's risks and how to handle them?
Gedanken zu diesem gewaltigen Thema kreisen um die Frage: Was für eine Welt hinterlasse ich eines Tages meinen Kindern und Kindeskindern? Wie sieht sie gegenwärtig aus, und was ist angesichts der Fülle von Problemen zu tun?
Wachstumsfetischismus und Weltrisikogesellschaft
Bei der Diskussion dieser beiden Problemkreise gehe ich von zwei Überlegungen aus: Zum einen, dass im Zeitalter der Globalisierung alles ökonomische, politische und ökologische Geschehen weltweit positiv wie negativ miteinander verbunden ist. Ich habe dabei das Prinzip der kommunizierenden Gefäße vor meinem inneren Auge. Zweitens, dass die aus diesem Geschehen erwachsenden Gefahren in der Regel von Menschen gemachte Gefahren sind. Es sind Risiken, die auch von uns Menschen weltweit gemeinsam auf den verschiedensten Ebenen bewältigt werden können.
Ich komme damit auf das, was der jüngst verstorbene Soziologe Ulrich Beck, der in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren auch kurz in Stuttgart-Hohenheim gewirkt hat, mit seinen Darstellungen zur Risiko- bzw.Weltrisikogesellschaft uns vor Augen geführt hat. Er hat gezeigt, dass wir aufgrund des technisch-naturwissenschaftlichen Fortschritts zunehmend dessen Folgen ausgesetzt sind und diese wiederum die Risiken von Katastrophen beinhalten; dass die Risiken nicht mehr nur lokaler, nationaler oder kontinentaler Art sind, sondern inzwischen globaler Natur geworden sind; dass sie auch nicht mehr auf bestimmte Klassen, Schichten, auf Arm oder Reich begrenzt werden können, sondern uns alle auf diesem Planeten betreffen. Ich meine insbesondere die Gefahr atomarer und klimatischer Katastrophen, die räumlich und zeitlich potentiell unbegrenzt sind. An Szenarien dazu hat es keinen Mangel. An konkreten Fällen leider auch nicht.
Angesichts der noch immer dominierenden Ideologie des ungebremsten Wirtschaftswachstums plädiert Beck daher wie viele andere Wissenschaftler[1] vor ihm für eine „Gesellschaft des Weniger“.
Das Szenario für 2015
Es gibt viele wissenschaftliche Untersuchungen aus allen Himmelsrichtungen darüber, welche Gefahren die weitere Vernachlässigung der natürlichen Umwelt haben wird und was diese auch für das friedliche Zusammenleben aller in Freiheit, Gleichheit und Solidarität bedeuten. Anfang 2015 konnten wir den zehnten Bericht des Weltwirtschaftsforums lesen. Er befasst sich mit den zwei globalen Risiko-Blöcken, die in diesem Jahr 2015 erwartet werden und auf die es zu reagieren gilt: Zum einen werden die globale Risiken genannt, die eine gewisse Wahrscheinlichkeit haben: Dazu gehören in erster Linie zwischenstaatliche Konflikte (Ukraine), extreme Wetterereignisse, Versagen nationaler Staaten oder gar deren Zusammenbrüche (Griechenland) und die strukturelle Arbeitslosigkeit (südeuropäische Länder). Zu den weltweiten Risiken, die eine nachhaltige Wirkung haben, zählt der Bericht an erster Stelle das gesellschaftliche Problem der Wasserkrisen, dann die schnelle und starke Verbreitung von Infektionskrankheiten (Ebola), ferner die Massenvernichtungswaffen, aber auch die zwischenstaatlichen Konflikte mit ihren regionalen Folgen und – last but not least - das Ausbleiben von Reaktionen auf den Klimawandel[2]. Durchgehend verweist der Bericht auf die Möglichkeiten, diese Risiken durch weltweite Kooperation zu verringern. Über das internationale Kyoter Protokoll zum Klimaschutz soll Ende dieses Jahres wieder verhandelt werden. Die bisherigen Ergebnisse stimmen eher skeptisch.
Was bedeutet das Szenario für die Wahrung der Menschenrechte?
Was hat dies mit den Schlagwörtern der bürgerlichen Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ zu tun, die nun schon 226 Jahre zurückliegt? Sehr viel, weil wir als Individuen sehr aufpassen müssen, dass die errungenen individuellen Menschenrechte nicht unter globalen oder nationalen sogenannten Sachzwängen (z. B. Wirtschaftswachstum > Arbeitsplätze) unter die Räder geraten. Zu der Frage der Freiheit: Es heißt immer so schön: Freiheit zu leben, zu lieben, zu reden, sich zu versammeln. Dies alles schön im Rahmen der geltenden Gesetze. In den rechtstaatlich und demokratisch organisierten Staaten wachen formal die obersten Verfassungsrichter darüber, dass die Gesetze und deren Anwendung mit den verbrieften Freiheitsrechten konform gehen. Wie sieht es aber aus, wenn es zu einem Zusammenprall der Kulturen kommt? Ich denke dabei an die Auseinandersetzungen um den Islamischen Staat. Ist die Anerkennung der Menschenrechte ein dauerhaftes Ergebnis von nur europäischen geschichtlichen Erfahrungen und abendländischer Ethik? Gilt noch „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“?
Wie hoch das Risiko der Freiheit sein kann, haben wir durch das Massaker an den Journalisten der Pariser satirischen Zeitschrift „Charlie Hebdo“ gesehen, die die Meinungsfreiheit in Anspruch nahmen und von Islamisten bestraft wurden. In der gesamten westlichen Welt sind zu Recht die Menschen auf die Straße gegangen, um ihre Sympathien für die Journalisten und den Protest gegen die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch religiöse Gruppen zu artikulieren. Eine andere Gefahr für die Freiheit des Einzelnen kommt genau von der Seite, die diese zu schützen hat: Vom Staat und seinen „fürsorglichen“ Organisationen. Spätestens seit den Terrorakten von 2001 erleben wir zunehmende Bemühungen der westlichen Regierungen, zur Abwehr von Terroristen eben diese Freiheiten einzuschränken. Ich denke an die Spionageorganisationen NSA der Amerikaner, GCHQ[3] der Briten und an den BND von uns Deutschen und an deren Wünsche, ungehinderten Zugang zu persönlichen Daten zu bekommen. Ich habe in Oxford den ehemaligen Direktor der NSA, Michael Hayden, erlebt, der in verführerischen Worten für die breite digitale Überwachung der Bevölkerung der westlichen Länder plädierte, um der weltweiten Gefahr des Terrorismus, insbesondere der Islamisten, Herr zu werden. Die Enthüllungen des IT-Spezialisten Edward Snowden haben das ganze Ausmaß der bereits bestehenden Überwachung aufgezeigt. Er ist das persönliche Risiko eines amerikanischen, gut bezahlten Computerspezialisten und Verfassungspatrioten eingegangen und hat sich bei seinen Enthüllungen auf die amerikanische Verfassung mit ihren Menschenrechten bezogen. Der amerikanische Leviathan droht ihn zu verschlingen, ins Gefängnis zu werfen dafür, dass er sich ganz konkret für die Wahrung der Menschenrechte eingesetzt hat. Allerdings sitzt er nun in der Falle in Moskau. Es ist erschreckend, wie relativ gering die öffentliche Reaktion war. Die Journalisten als „die vierte Gewalt“ sind sich der Gefahren am ehesten bewusst und polemisieren gegen entsprechende Regierungsvorschläge, aber wer ist schon für Snowden und gegen die Überwachung durch NSA, GCHQ und BND auf die Straße gegangen? Auch der tapfere Hans-Christian Ströbele, unser grüner Mann mit dem roten Schal, der Snowden in Moskau traf, hat für ihn kein Aufenthaltsrecht in Deutschland durchsetzen können – weil unsere amerikanischen Freunde ihn nicht als Verfassungspatrioten sondern als international gesuchten Verräter suchen.
Gleichheit ist ein nicht minder wichtiges Menschenrecht. Nicht erst seit der umfangreichen Arbeit des französischen Ökonomen Thomas Piketty über „Das Kapital im 21. Jahrhundert“[4] wissen wir von den vielen Formen von Ungleichheit auf diesem Planeten. Aufgrund eines umfangreichen Datenmaterials, das für einige westeuropäische Staaten und die USA bis ins 19. Jahrhundert zurückgeht, gelangt er zu einigen „fundamentalen Gesetzen des Kapitalismus“. Für den allgemeinen Anstieg der Ungleichheit macht er die Tatsache verantwortlich, dass das Einkommen aus Kapital (ca 5 %) dauerhaft das Einkommen durch Arbeit (maximal 1,5 %) übersteigt. Aufgrund der daraus folgenden Konsequenzen für die einzelnen Volkswirtschaften und die Weltwirtschaft und ihre Menschen fordert er Umverteilung, um Ungleichheiten abzumildern, die der Marktprozess schafft, u.a. durch eine stärkere Besteuerung von Kapital sowie verstärkte Regulierung der Kapitalmärkte.
Was sind die konkreten Folgen von Ungleichheit? Fast täglich erleben wir über die Medien, wie Menschen aus armen Gegenden Nordafrikas versuchen, in die reichen europäischen Länder zu gelangen. Die gegen den Hunger in der Welt ankämpfende Organisation OXFAM hat erst kürzlich in ihrem Bericht die sich verschärfende Ungleichheit der Lebensbedingungen in Ost und West, in Nord und Süd konkret nachgewiesen[5]. Allein in der Zeit von 2009 bis 2014, als viele Länder unter Rezession, wachsender Arbeitslosigkeit, sozialen Kürzungen und fallenden Realeinkommen litten, hat sich die Zahl der Milliardäre verdoppelt. Auch OXFAM plädiert deshalb für höhere Besteuerungen aus Kapitaleinkommen und Regulierung der Kapitalmärkte, um weltweit individuelles Überleben, Leben und Wohlstand zu erreichen. Einige hier in diesem Kreis haben sicherlich wie ich die Bilder von den Zuständen in asiatischen Slums vor Augen[6]. Allein, wenn auf das Vermögen der Milliardäre 1,5 % Steuern erhoben würden, könnte man laut der OXFAM-Studie mit den jährlich eingenommenen 74 Milliarden Dollars jedem Kind in den ärmsten Ländern der Welt schulische Bildung und Gesundheitsfürsorge ermöglichen.
Brüderlichkeit ist bekanntlich der Zwillingsbruder der Gleichheit. Solidarität mit den Benachteiligten ist die Forderung nach Aufhebung von Ungleichheit.
Ein zu schwacher Trost sind da die philanthropischen Bemühungen, wie sie z. B. der ehemalige Microsoft-Gründer Bill Gates und der Spekulant Warren Buffet im Rahmen ihrer Initiative „The Giving Pledge“[7] und ihrer Stiftungen machen.
Was kann, was muss getan werden?
Die Erkenntnisse der Wissenschaftler – ich denke in Deutschland auch an den einst in Wuppertal arbeitenden kritischen Naturwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker[8] und an den Wirtschaftswissenschaftler Uwe Schneidewind[9] - und deren Wirken in der Öffentlichkeit ist ein mühsames und langsames Geschäft. Wer aber sollte Korrekturen an Fehlentwicklungen durchführen, wenn nicht die Politiker? Und die denken und handeln wiederum meist nur in vier- oder fünfjährigen (Wahl-)Perioden. Nicht selten sind sie fremden, kontraproduktiven Einflüssen erlegen. Als dritte Möglichkeit der Korrektur sehe ich die durch Protestbewegungen. Ähnlich wie die engagierte kanadisch-israelische Sozialistin Naomi Klein[10] sehe ich die Notwendigkeit, auch durch öffentlichen Druck die Politik zu bewegen. Vor allem von dem fatalen Glauben an das notwendige unbegrenzte Wachstum muss sich die Politik lösen. Dessen Folgen sehen wir in Gestalt schwindender natürlicher Ressourcen und dramatischer Klimaveränderungen. Und diese drohen fatal für die Menschheit zu werden. Dagegen, gegen neoliberale Wirtschaftspolitik, setzen alternative Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler spätestens seit den Aktivitäten des Club of Rome ihre Vorstellungen von Wachstumsrücknahme (DeGrowth). Das Ziel einer entsprechenden Umsteuerung durch eine auch solidarische Ökonomie heißt qualitatives (anstelle von quantitativem), selektives (besonders wertvolle Sektoren betreffendes) und nachhaltiges Wachstum, das im Rahmen demokratischer und solidarischer Strukturen erreicht werden soll.
Das bedeutet natürlich eine massive Kapitalismuskritik und reichlich Widerstände. Trotz des notwendigen öffentlichen Drucks auf die Politik: Meiner Meinung nach kann es keine revolutionären Lösungen geben, sondern angesichts der globalen Vernetzung der Volkswirtschaften nur gemeinsame evolutionäre Lösungen. Einseitige oder revolutionäre Lösungen würden das ganze, ohnehin labile System der Weltwirtschaft zu Lasten aller gefährden. Ein kleines Beispiel, wie schwierig so etwas in einem Land mit einer dominierenden Finanzwirtschaft ist: Ich habe vor zwei Jahren zufällig eine Sitzung des englischen Oberhauses erlebt, in der über die Regulierung der britischen Banken diskutiert wurde. Die Resultate allein für die Londoner City, Zentrum der britischen und weltweit agierenden Finanzwirtschaft, sind jedoch bisher dürftig gewesen. Steuerflucht gerade der Reichen und wieder anschwellende Kreditblasen machen staatliches Eingreifen aber notwendig. Deshalb kann auch das Problem der britischen Finanzwirtschaft nur im Rahmen von Verhandlungen innerhalb der Europäischen Union gemeinsam gelöst werden.
Wie wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, gibt es durchaus Möglichkeiten, auf evolutionäre Weise politische, soziale und wirtschaftliche Verhältnisse zu verändern. Ich denke an die Bürgerbewegungen mit Petitionen und Volksentscheiden[11], auch an die sehr diskussionsbedürftige Pegida-Bewegung und natürlich an die alte Antiatomkraft-Bewegung, die zumindest im Unterbewusstsein der Deutschen geblieben ist und traurigerweise durch die Reaktorunfälle in Japan späte Erfolge gehabt hat und zur Energiewende beigetragen hat. Und ich denke an die großen technischen Fortschritte im Bereich der erneuerbaren Energien, die auch in Schwellenländern wie China und Indien z.T. bereits genutzt werden. Die Leugnung des Klimawandels wie jüngst im amerikanischen Kongress (im Zusammenhang mit einer Riesen-Pipeline) ist und bleibt hoffentlich nur ein welthistorisches Kuriosum.
Wie kann jetzt schon gehandelt werden?
Hier können wir auf bewährte solidarische Werkzeuge in der Wirtschaft zurückgreifen, insbesondere auf das Instrument der Genossenschaften. In den 1970er und 1980er Jahre gab es in Deutschland eine Gründungswelle im Bereich der alternativen Ökonomie, aber auch Rückschläge (Neue Heimat). Im Ausland, z.B. in Brasilien, entstanden die Kooperativen. Aber auch Kraftakte der Politik der jüngsten Zeit sind möglich. In Deutschland kann man gegenwärtig die Bemühungen verfolgen, wie auf regionaler und lokaler Ebene die von der Bundesregierung initiierte schwierige Energiewende umgesetzt werden kann. „Weg von der Atomenergie, hin zur emissionsfreien Energieerzeugung“ ist ein großer Kraftakt. Er hat eine Fülle von regionalen und lokalen Initiativen verstärkt freigesetzt, die sich auch ökonomisch rechnen. Dabei wird man sich allerdings auch zunehmend bewusst, welche ästhetischen und letztlich wirtschaftlich-sozialen Probleme man sich mit der Einführung erneuerbarer Energieerzeuger wie Windkraftwerke und Photovoltaikanlagen einhandeln kann, aber auch welch interessante Variationen es inzwischen gibt. Dazu lohnt auch mal ein Blick aus der sogenannten Froschperspektive. Große Dinge müssen nicht nur von Staaten und erst recht nicht von global operierenden Unternehmen oder einigen philanthropisch gesinnten Superreichen geschehen. An vielen Orten kann man bürgerschaftliches Engagement für den Umweltschutz entdecken.
Die vom Menschen gestaltete Kulturlandschaft wird kritisch betrachtet, wenn sie durch großflächige Solaranlagen und Windräderanlagen denaturiert wird. Kein Geringerer als Immanuel Kant hat schon von einem „Anspruch des Menschen auf eine Natur, die ihn ästhetisch anspricht“, von einem unmittelbaren Interesse am Naturschönen, das er als „Wohlgefallen a priori“ definiert gesprochen[12]. Deshalb verdienen Überlegungen, wie mit Hilfe eines Kulturlandschaftsplanes auf lokaler Ebene Energie ökonomisch, sozial und ästhetisch verträglich erzeugt werden kann, besondere Beachtung. Zur Definition des Kulturlandschaftsplans. Darunter versteht der Fachmann „eine informelle Planung, die darauf abzielt, für den ländlichen Raum eine wirtschaftlich tragfähige Basis für die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der Kulturlandschaft zu schaffen. Diese Basis soll den ländlichen Raum durch ein dezentrales Energiekonzept autark, ökologisch sowie CO²-neutral machen und den Energiepreis langfristig stabil halten“[13]. Das Konzept eines Hallenser Landschafts- und Umweltplaners schlägt vor, mit Hilfe bereits vorhandener Technologie die außerhalb bestehender Wälder vorhandenen Hölzer in Energie umzuwandeln und für die lokale Nutzung über Kraft-Wärme-Koppelung bereit zu stellen. Die Organisation dieser Nutzung und dauerhaften Pflege der Allmende-Ressourcen (Flurhölzer) sowie der Betrieb der technischen Einrichtungen sollen von der Dorfgemeinschaft erfolgen. Der wiederbelebte Gedanke der im Mittelalter wohlbekannten Allmende, d.h. der Gemeingüter (Commons)[14], hat neben dem ökonomischen Effekt auch eine starke soziale Bindungskraft. Dieser Wissenschaftler hat auf die positiven ökologischen Wirkungen hingewiesen, die mit der Nutzung und dauerhaften Pflege von Gehölzen in der Kulturlandschaft auf diese Weise verbunden sind: u.a. Schutz des Dorfes vor Unwetter-Kollateralschäden, Schutz gegen Bodenerosion, Habitat für wildlebende Tiere und wildwachsende Pflanzen. Wie wir von dem starken Anstieg der Energiegenossenschaften in Deutschland – von 66 im Jahre 2001 auf gegenwärtig rund 1.000 - wissen, ist diese Form der Energiegewinnung und –nutzung eine wirtschaftlich und soziale Alternative zu privatwirtschaftlichen und staatlichen Energieunternehmen geworden.
Die Quintessenz all dieser Gedanken: Global denken und lokal handeln, und dies nicht gegeneinander sondern miteinander.
Die Nachrichten über Erdbeben, Konflikte, Spionage unter Freunden und andere große und kleine Probleme lassen uns oft vergessen, dass es die Kunst, die Musik und die Literatur noch gibt, die uns erheben kann. Hier ein kleines Beispiel dafür von Ruth Stumme (1917-2006).
Nach dem Sturme
Als ich vom Schlaf erwachte,
war der Sturm verrauscht.
Und aus des Himmels
regenschwerem Grau
schien mir die Sonne,
und ein kleines Blau
erhellt’ den Tag. –
Es ließ ihn wachsen
bis zum Firmament,
an dem nun
deines Herzens Wärme brennt
Eine griechische Tragödie, der Chor der internationalen Medien und deutsche Empfindlichkeiten
geschrieben von Ekkehard HenschkeWir haben die griechische Tragödie[1], in Brüssel aufgeführt, sehr intensiv und extensiv durch die Medien miterlebt, auch den Zorn einiger Staaten, besonders Griechenlands, auf Deutschland. Bei dem europäischen Versuch, Griechenland vor dem wirtschaftlichen Kollaps zu retten, scheint es so auszusehen wie im Privaten: Bei Geld hört die Freundschaft auf. Fest steht: Wie so häufig müssen auch in Hellas in erster Linie die kleinen Leute leiden, während die Wohlhabenden rechtzeitig ihr Geld in Sicherheit bringen konnten. Wie also können in den nächsten Wochen und Monaten der Kollaps und die politischen und sozialen Folgen verhindert werden?
Die Höhe der angelaufenen griechischen Schulden ist einfach zu hoch, als sie von diesem Land allein geschultert werden könnten. Viele Fehler sind von allen Seiten in den letzten Jahren gemacht worden, von den Gläubigern und dem Schuldner Griechenland. Angesichts des aufgezwungenen Sparkurses erheben sich berechtigte Fragen: Wie soll die griechische Wirtschaft jemals wieder wachsen können, wenn der Kapitalverkehr stark eingeschränkt ist, die griechischen Banken nicht voll funktionieren können, der Zahlungsverkehr und die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen dort nicht möglich ist. Durch Anhebung der Mehrwertsteuer verteuern sich in der Regel die Preise. Gleichzeitig muss der Staat sparen (insbesondere durch Entlassungen, Reduktion der Renten, Kürzungen der Verteidigungsausgaben). Wie will man die weitere Drosselung der Binnennachfrage vermeiden – neben dem Rückgang beispielsweise der so wichtigen Einnahmen durch den Tourismus? Wie will man die Steuerehrlichkeit der Griechen fördern, wenn man dort – ohne effiziente Finanzverwaltung – die großen potentiellen Steuerzahler verschont? Will man wirklich die junge, intelligente Generation Griechenlands, die in Folge jahrelanger politischer Versäumnisse in die Arbeitslosigkeit getrieben wurde, in die nördlichen Euroländer vertreiben, wo sie gern aufgenommen würden? Fragen über Fragen, die immer wieder zu der Forderung nach einem Schuldenschnitt führen. Auch wenn sich bisher die Erkenntnis noch nicht durchgesetzt hat: Ohne einen Schuldenschnitt (Englisch: „haircut“), d.h. ohne den Verzicht der öffentlichen und privaten Gläubiger gegenüber Griechenland, bei gleichzeitiger, kontrollierter Durchsetzung von Reformen in Griechenland ist die (Er)Lösung von der griechischen Tragödie nicht möglich. Als stärkste Wirtschaftsmacht in der Eurozone ist hier Deutschland, das bisher den europäischen Gedanken besonders unterstützt hat, auch besonders gefordert.
Schade und unfair war es, dass nicht alle Fakten in den vergangenen Wochen genannt wurden. Insbesondere die deutsche Seite hat Einiges schlecht kommuniziert, z.B. dass Wolfgang Schäuble, ein Schwabe und deutscher Finanzminister, häufig als böser Bube (oder noch schlimmer) betitelt, erst vor wenigen Jahren mit Mühe die sogenannte Schuldenbremse durchgesetzt hat. Sie bedeutet, dass es in Deutschland dem Bund und den einzelnen Ländern gesetzlich verboten ist, in „normalen Zeiten“ Schulden zu machen. In Deutschland hat es Schäuble auch erreicht, dass 2015 erstmals keine neuen Schulden im Staatshaushalt des Bundes („Schwarze Null“) gemacht wurden. Er mag sich vielleicht sogar noch vage an seinen Vorgänger, den Bundesfinanzminister Fritz Schäffer erinnern, der in den 1950er Jahren einen “Julius-Turm“[2], die thesaurierten Überschüsse des Bundeshaushaltes“ (8 Milliarden D-Mark = ca. 35 Milliarden Euro heute), zusammensparte.- Ein noch Wichtigeres kommt hinzu: Die fortdauernde Sorge im Langzeitgedächtnis der Deutschen, dass es wieder eine Inflation – wie in den 1920er Jahren - geben könnte. Die Regierung Helmut Kohl hatte sich aus politischen Gründen (um die europäische Einigung voranzutreiben) von der D-Mark getrennt und die gemeinsame europäische Währung, den Euro, zusammen mit anderen Ländern im Jahre 2002 eingeführt. Bis heute trauern viele Deutsche der damaligen, stabilen D-Mark nach. Das sind wichtige (Hinter)Gründe, warum Schäuble und Merkel so hart mit den Griechen verhandelten. Viele Regierungen, auch die konservative britische, sind gegenwärtig mit der Konsolidierung ihrer Haushalte beschäftigt. Die hohe Kunst besteht darin, die Schulden abzubauen und die Wirtschaft zu fördern, ohne dabei politische und soziale Verwerfungen zu produzieren.
Fast völlig ausgeblendet wurde in der bisherigen deutschen Diskussion, dass Westdeutschland nach 1945 umfangreiche Hilfe insbesondere von den USA erhielt und wie die alte, reiche Bundesrepublik der maroden Wirtschaft der neuen, aber armen Bundesländer ab 1990 ganz massive finanzielle und personelle Hilfe gewährte. Erst auf diese Weise konnten in den vergangenen 25 Jahren zwar keine „blühenden Landschaften“, aber eine weitgehende Gesundung der ostdeutschen Wirtschaft mit moderner materieller und institutioneller Infrastruktur erreicht werden. Insofern sollten bei den künftigen Verhandlungen mit der griechischen Regierung auch die deutschen Erfahrungen mit einer Transfer-Union im europäischen Rahmen eingebracht werden. Es geht auch, aber eben nicht nur um den Euro.
Angesichts so vieler Probleme, die in Europa zu lösen sind – Süd-Nord-Migration, eigene demographische Entwicklung, Umweltprobleme, Ukraine-Konflikt - , muss sich Europa auf den alten Erfahrungssatz besinnen: Nur Einigkeit macht stark. Es geht um das gemeinsame, auch von Griechenland mit erbaute europäische Haus.