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Die unheilige Gemeinschaft der Geheimdienste
geschrieben von Ekkehard HenschkeEs waren viele Wissenschaftler und/oder Insider zum Vortrag von Michael Hayden gekommen. Das konnte ich auch aus dem Gesprächen der Herren hinter mir entnehmen, die sich über die jüngsten Weihnachtskarten des englischen GCHQ und des deutschen BND ebenso lustig machten wie über die sehr unterschiedliche Finanzierung des Bundesnachrichtendienstes. Vor einigen Tagen konnte ich den ehemaligen Chef der NSA, General Michael Hayden, als Gastprofessor in Oxford erleben. Vom ersten Eindruck ein typischer amerikanischer „Eierkopf“, aber mit militärischer Haltung und – im Vergleich zum Aussehen normaler Oxforder Fellows – außergewöhnlich gut gekleidet. Hayden war zur Zeit des Terrorangriffs auf die Twin Towers in New York 2001 Leiter der National Security Agency, später Direktor der CIA. Wortgewaltig problematisierte er vor dem Hintergrund der Snowden-Enthüllungen, welche Güterabwägungen die mit der Terrorbekämpfung befassten amerikanischen Organisationen - vor dem Hintergrund der amerikanischen Verfassung - zu machen hätten: Zwischen Schutz der Privatsphäre und Schutz vor Terrorakten, zwischen Kollateralschäden auch politischer Art (Merkels Telefonüberwachung und deren Entdeckung) und Terrorbekämpfung. Dabei ließ Hayden mit feinem Zynismus erkennen, dass sich die amerikanischen Geheimdienste zwar der eigenen, aber weniger den Verfassungen anderer Länder, die sie ausspähen, verpflichtet fühlen. Auf die Frage des GUARDIAN-Journalisten Ewen MacAskill, ob Hayden sich einen Deal mit Edward Snowden vorstellen könne, antwortete dieser, dass die amerikanische Regierung dafür wenig Begeisterung zeige. MacAskill hatte Snowden in HongKong kennengelernt, als das Interview aufgenommen wurde und die NSA-Daten übergeben wurden. Er hatte dort einen erstaunlich jungen, aber sehr überlegten Mann von 29 Jahren erlebt, der als Verfechter der amerikanischen Freiheitswerte eher konservativ eingestellt ist.
Sicher ist, dass Snowden einigen Staub, der sich auf die amerikanische Verfassung gelegt hatte, aufgewirbelt hat. Kein Wunder, dass außer dem ehemaligen Vizepräsidenten Al Gore auch andere amerikanische Politiker ihren Protest gegen die Verfassungsverletzungen durch die NSA äußerten; vgl. http://www.theguardian.com/world/interactive/2013/nov/01/snowden-nsa-files-surveillance-revelations-decoded#section/1
Werner Taesler. Flüchtling in drei Ländern
geschrieben von Ekkehard HenschkeMehr zu meinem Buch siehe hier
Snowden, Journalisten und der Rest der Welt
geschrieben von Ekkehard HenschkeDie vierte Gewalt – neben Legislative, Exekutive und Jurisdiktion – stellen die Medien dar. So einfach erscheint uns in der sogenannten westlichen Welt die Verfassungswirklichkeit. Oder sollte sich dazwischen noch eine fünfte Gewalt, die der Geheimdienste, etabliert haben?
Es hat ganz den Anschein. Denn weder die Parlamente noch die Gerichte und offenbar erst recht nicht die Regierungen haben die Geheimdienste, vor allem die amerikanische National Security Agency (NSA) und die britische Government Communications Headquarters (GCHQ in Cheltenham, ganz in der Nähe von Oxford) im Griff. Da ist es ein Glück, dass es noch mutige Journalisten und heldenhafte Geheimdienstmitarbeiter gibt, die die Irrwege dieser Organisationen im Kampf „gegen den Terrorismus“ aufzeigen. Sie haben nicht nur George Orwells Buch „1984“, 1949 (!)erschienen, gelesen, das seitdem Generationen von Schülern vor dem Überwachungsstaat gewarnt hat. Sie haben auch die geschriebenen und ungeschriebenen Verfassungen ihrer Länder gelesen. Und sie verteidigen mit der Veröffentlichung von digitalen Geheimdienstakten ihre (und unsere) persönlichen und beruflichen Freiheitsrechte.
Luke Harding, jahrelang Korrespondent in Berlin, dann in Moskau für die englische Zeitung „THE GUARDIAN“, hat nicht nur die Überwachungs- und Verfolgungstätigkeiten von Wladimir Putins Geheimdienst erlebt und beschrieben. Er hat heute, am 03.02.2014, auch ein gut recherchiertes Buch über den „Verrat“ Edward Snowdens und die Mitwirkung englischer und amerikanischer Journalisten herausgebracht („The Snowden Files: The Inside Story of the World’s Most Wanted Man“. London: Guardian Faber 2014). Der Vorabdruck am vergangenen Wochenende im GUARDIAN hat die Hilflosigkeit und die Willensschwäche der amerikanischen und der englischen Regierungen aufgezeigt, die Macht ihrer Geheimdienste zu begrenzen und die Freiheitsrechte des Einzelnen bzw. der Einzelnen – wenn man auch die deutsche Kanzlerin mit einbeziehen will – zu schützen. Merkels diplomatisch gebremsten Zorn, aber auch ihre Hilflosigkeit konnte man im deutschen Fernsehen erleben.
Im GUARDIAN konnte man nun nachlesen, wie sich Regierungsbemühen – z.B. beim britischen Versuch, die Verbreitung der Leaks, der digitalen Geheimdienstakten, zu stoppen – sogar zur Realsatire entwickelte. Klicken Sie mal:
http://www.theguardian.com/world/2014/feb/01/edward-snowden-gchq-visit-guardian-destroy-computers
Kunst in Berlin und Wien um 1900: Maler wie Liebermann und Klimt standen auf dem Programm einer großen Ausstellung in der Berlinischen Galerie. Sie steht normalerweise etwas im Schatten der alten und neuen Nationalgalerien. Zumindest Ende des Jahres 2013 lief die Berlinische Galerie den beiden Großen den Rang ab. Man muss sie im Auge behalten, und Kunstreisenden empfehle ich, das Obergeschoss mit zeitgenössischen Berliner Künstlern (eine Dauerausstellung) nicht zu versäumen. Haben Sie schon mal etwas von der „Schule der Neuen Prächtigkeit“, einer speziellen Berliner Richtung der 1970er Jahre (http://www.tu-berlin.de/?id=70644), gesehen?
Und dann ging es kurz - eine Bahnstunde entfernt - in eine andere Kulturstadt: Leipzig, dessen Bürger in Jahrhunderten nicht nur ein Bildermuseum gefüllt haben (neben der konkurrierenden Residenzstadt Dresden mit der Gemäldegalerie etc.), sondern nach der erfolgreichen friedlichen Revolution von 1989/1990 sich wieder als Stifter engagiert haben. Die sozial, ökologisch und kulturell tätige Stiftung „Bürger für Leipzig“ (http://www.buerger-fuer-leipzig.de/), bei deren Gründung ich dabei war, feierte ihren zehnten Geburtstag im urigen Akademixer-Keller. In diesem hatten schon in sozialistischer Zeit die Kabarettisten die Obrigkeit gepiesackt.
Zurück im milderen, aber weiterhin sehr nassen Oxford
hörte ich nachträglich das Interview, das der kritische ZDF-Journalist Claus Kleber mit Präsident Barack Obama machte: Über dessen schlechtes Image, die alles Wissen wollende NSA und die europäischen Nörgler. Erleben Sie mal, wie hohe Politik sich anhört, wenn ein Journalist sie auf Hohlheiten abklopft (auf Englisch):
http://www.youtube.com/watch?v=v4OtDENMOD8
Mut fassen, Mut und Druck machen!
Ein Appell, der nicht einfach mit dem Argument der Naivität beiseite geschoben werden kann:
An einem Sonntag wie diesem, am 11.08.2019, wanderten die Gedanken zu einer Vielzahl von Dingen. Zu historischen Ereignissen wie dem Berliner Mauerbau am 13. August 1961, den ich seinerzeit an Bord eines Frachtschiffes vor der westafrikanischen Küste erlebte. Was in den folgenden fast dreißig Jahren keiner für möglich gehalten hatte: Im November 1989 fiel diese Mauer – nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland. Menschen in Leipzig und Berlin machten es möglich, weil sie Druck machten.
Meine Gedanken gingen aber vor allem zu einer Vielzahl von Problemen, die wir gegenwärtig weltweit haben und die wir alle gemeinsam lösen müssen. Dazu gehören insbesondere
- der beängstigend schneller werdender Klimawandel, den furchtsame, korrupte und/oder populistische Politiker geschehen lassen;
- die vielen akuten oder schwelenden Konflikte, die in Europa (insbesondere Ukraine, EU-Großbritannien), Afrika (insbesondere Sudan, Mali, Jemen), Asien (insbesondere Afghanistan, Syrien, Palästina, Hongkong, Kaschmir) ablaufen, internationale Auswirkungen haben, aber nicht mehr durch Verhandlungen, z.B. im Rahmen der UNO, gelöst werden.
„Dank“ der schnellen Vermittlung der Details dieser Probleme durch die Medien erleben wir zugleich eine derartige Fülle an Informationen dazu, so dass wir gar nicht mehr in der Lage sind, sie mental zu verarbeiten. Hinzu kommt der Zweifel an den Möglichkeiten, die Probleme als informierte und mündige Bürger angehen zu können. Die Wissenschaftler haben die Analysen und die Problemlösungen geliefert, aber die politische Elite scheint unfähig zu sein, jenseits des Zyklus‘ von Wahlperioden mittel- und langfristige Lösungen gemeinsam zustande zu bringen.
Statt Resignieren: Mut haben und Druck machen: Zum Glück ist es die junge Generation weltweit, die sich nicht mehr alles gefallen lässt und aufbegehrt. Wir von der älteren Generation werden beschämt, weil wir offensichtlich geschlafen, versagt haben bei der Lösung der o.a. Probleme. Und wir erinnern uns des Versagens unserer Väter und Mütter, die sich nicht dem Nationalsozialismus entgegenstellten. Jetzt ist die mittlere Generation gefordert, die in der Wirtschaft, im politischen und öffentlichen Leben steht. An sie geht der Appell, Druck auf allen unteren, mittleren und oberen Ebenen auf Entscheidungsträger zu machen, um die genannten Bedrohungen abzuwenden. Vor allem die Mitglieder dieser Generation haben - durch Reisen und mediale Kontakte – die Möglichkeiten, Einfluss auch in anderen Ländern zu nehmen – unabhängig von den dortigen politischen Systemen.
Bescheidenheit und Mut praktizieren:Die Überheblichkeit, mit der wir, Westeuropäer und Amerikaner, von der Überlegenheit der freiheitlichen und demokratischen Ordnungen sprachen und heuchlerisch Waffen in Spannungsgebiete lieferten, muss zu den Akten gelegt werden!
Der Erste Weltkrieg und die Auseinandersetzungen über die Schuldfrage in England und Deutschland
geschrieben von Ekkehard Henschkes wird wohl noch einige Jahrzehnte dauern, bevor sich Historiker und Politiker in Großbritannien darüber einig sein werden, wer mehr oder weniger die Schuld am Ausbruch des ERSTEN WELTKRIEGES trägt und was darüber in den Schulbüchern stehen sollte. Darüber ist gerade eine ungewöhnlich heftige Debatte entbrannt, in der sich konservative Politiker und kritische Historiker gegenüberstehen. Zu Recht verwundert, auch über den ganz und gar nicht „englischen“ Stil der Auseinandersetzungen, ist der deutsche Beobachter und der Journalist und ehemalige Oxford-Student Alexander Menden in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG vom 10. Januar 2014:
In Deutschland ist die öffentliche Diskussion um die Schuldfrage seit den Aufregungen der 1960er Jahre um Fritz Fischers Buch „Griff nach der Weltmacht“ von der Aufarbeitung der moralischen Katastrophe des ZWEITEN WELTKRIEGES überlagert. Es ist offenbar kein öffentliches Thema mehr. Fischer hatte damals die konservative, ältere deutsche Historikerzunft mit der berechtigten These aufgebracht, wonach das deutsche Kaiserreich mit seiner imperialistischen Politik den Hauptanteil am Ausbruch des ERSTEN WELTKRIEGES hatte. Die fundierten Bücher der britischen Historiker, insbesondere von Richard Evans, der jetzt vom konservativen Erziehungsminister Michael Gove besonders attackiert wird, und Christopher Clark, sind in den letzten Jahren erschienen und sehen als Verursacher des ERSTEN WELTKRIEGS nicht nur die deutsche Seite. Hier Evans Gegenattacke im GUARDIAN vom 06.01.2014:
http://www.theguardian.com/books/2014/jan/06/richard-evans-michael-gove-history-education
Anders als in Großbritannien, wo patriotische Erinnerungen an die Opfer des ERSTEN WELTKRIEGES gepflegt werden, gelten öffentliche Gedenkfeiern in Deutschland heutzutage den Opfern des ZWEITEN WELTKRIEGES, insbesondere des Holocaustes.
Brexit: Machtkampf in London – Regierung gegen Parlament
geschrieben von Ekkehard HenschkeSeit dem Referendum über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union, den im Jahre 2016 52 % der wählenden Briten befürworteten, aber immerhin 48 % ablehnten, ist ein Machtkampf zwischen der Exekutive und der Legislative entbrannt. Zur Erinnerung: Die Parteivorsitzende der Konservativen und Premierministerin Theresa May, die in diesen Ämtern bestätigt worden war, konnte ein mühsam mit der EU-Kommission ausgehandeltes Ausstiegsabkommen im Unterhaus nicht durchbringen. Die EU-Staaten hatten es akzeptiert, das britische Unterhaus lehnte es mehrmals ab. Knackpunkt war stets das Bestehen der Mehrheit auf der vollen Rückgewinnung der Souveränität Großbritanniens. Der „Backstop“, die Versicherung, dass Nordirland beim Brexit keine harte Grenze zur Republik Irland haben sollte, war als Problem nicht zu lösen. Darüber stürzte May. Der erzkonservative Abgeordnete und zeitweise Außenminister der Regierung May, Boris Johnson, übernahm die Regierung mit dem ausdrücklichen Versprechen, Großbritannien bis zum 31. Oktober 2019 aus der EU herauszuführen, einen Brexit auch ohne ein Abkommen mit der EU durchzuführen.
Heute, am 09.09.2019, versucht das Unterhaus erneut, eine Lösung zu finden. Es geht um die Neuwahl des Parlaments vor dem 31.Oktober, was eine Zweidrittelmehrheit voraussetzt. Das wäre eine Begründung für die Verschiebung des Austritts, die jedoch von Johnson abgelehnt wird. Die stärkste Opposition, die Labour Party, ist in der Frage des Brexit gespalten. Immerhin konnten sich parteiübergreifend die Parlamentarier auf ein Gesetz einigen, das es Johnson verbietet, ohne ein Abkommen mit der EU den Brexit ab 31.Oktober zu vollziehen.
Die Zeit für eine Einigung läuft heute, am 09.09.2019, aus. Ab Morgen wird das Unterhaus aufgrund einer Anordnung des Premierministers in einer vierwöchigen Parlamentspause sein, also nicht mehr handeln können.
Anzeige im DAILY TELEGRAPH vom 09.09.2019
Inzwischen gibt es auch unter den EU-Regierungen verstärkt den Wunsch, den Austritt Großbritanniens über den 31. Oktober hinaus nicht zu akzeptieren. Im DAILY TELEGRAPH von heute, 09.09.2019, hat die britische Regierung eine ganzseitige Annonce geschaltet, die an Deutlichkeit nicht zu übertreffen ist. Nebenbei bemerkt: Es handelt sich um die große konservative Zeitung, in der Johnson bisher seine entsprechenden Kolumnen gegen ein hohes Salär geschrieben hat. Und noch eins: Vor etwa 400 Jahren kämpfte schon einmal ein Monarch um die Macht mit dem Parlament. König Charles I. löste einen Bürgerkrieg in Großbritannien aus und verlor buchstäblich den Kopf.
Ob Boris Johnson, der zusammen mit seinem Berater Dominic Cummings, ohne Verlust seines Amtes diesen Drahtseilakt durchführen kann, also noch abstürzen wird? Das ist auch eine Schicksalsfrage für die britische Demokratie mit einer machtlosen Königin an der Spitze. Sicher ist schon jetzt der wachsende Schaden für die britische und irische Wirtschaft, aber auch für das britische Gesundheits- und Wissenschaftssystem, alle sind auf den personellen „Blutaustausch“ mit der Europäischen Union angewiesen. Die 27 anderen EU-Staaten verlieren beim Brexit ebenfalls, vor allem den kritischen Partner bei der notwendigen Reform der Union. Der menschliche und politische Schaden bei der Wiederaufrichtung von Grenzen, einer neuen „Splendid Isolation“, ist nicht einmal zu kalkulieren. Ein Brexit ohne Einigung über die Modalitäten wird angesichts der engen Verflechtung Großbritanniens mit der EU jedoch zumindest zeitweise ein Chaos auslösen.
“Reality is that which, when you stop believing it, doesn’t go away!“
geschrieben von Ekkehard HenschkeMit diesem mahnenden Ausspruch von Phillip K. Dick (1928-1982) kommt man/frau sicher besser auch durch das neue Jahr 2014! Dieser amerikanische Autor war zeitweise psychisch labil und litt unter dem Wahn, vom FBI und dem russischen KGB verfolgt zu werden. Was würde er wohl heute sagen, wenn er von den Enthüllungen Edward Snowdens über die Machenschaften der NSA und den Erfahrungen des englischen Journalisten Luke Harding mit dem FSB (Nachfolger des KGB) in Moskau erführe.
Das Foto, das ich von dem Plakat am Mauer-Gedenkstätte friedlich „schoss“, soll an die immer gültigen Forderungen von 1789 erinnern. Und das Gedicht des englischen Dichters Charles Hamilton Sorley (1895-1915), der im Ersten Weltkrieg ebenso wie viele junge Deutsche starb, erinnert uns daran, wie wichtig dazu der Frieden ist. Sorley hatte vor Aufnahme seines Studiums in Oxford sechs Monate in Deutschland verbracht.
„To Germany
You are blind like us. Your hurt no man designed,
And no man claimed the conquest of your land.
But gropers both through fields of thought confined
We stumble and we do not understand.
Your only saw your future bigly planned,
And we, the tapering paths of our own mind,
And in each other’s dearest ways we stand,
And hiss and hate. And the blind fight the blind.
When it is peace, then we may view again
With new-won eyes each other’s truer form
And wonder. Grown more loving-kind and warm
We’ll grasp firm hands and laugh at the old pain,
When it is peace. But until peace, the storm
The darkness and the thunder and the rain.”
Die britischen Wahlen 2019: Tragödie oder Farce?
geschrieben von Ekkehard HenschkeDie Wahlen zum britischen Unterhaus waren für Viele so etwas wie eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Gab es doch zwei Parteiführer, die auch innerhalb ihrer Parteien selbst umstritten waren. Hier der konservative Boris Johnson, der bei dem Brexit-Referendum und danach sehr frei mit Fakten umgegangen war, dies aber mit seinem Großen-Jungen-Charme beiseiteschieben konnte. Dort ein prononciert sozialistischer Jeremy Corbyn, der sich weder für noch gegen den Brexit aussprechen wollte. Die kleine Liberaldemokratische Partei unter der jungen Jo Swinson war die einzige Partei, die klar für den Verbleib in der Europäischen Union plädierte. Das wurde jedoch nicht honoriert.
Wo waren die vielen EU-Anhänger und Klimawandelgegner der letzten Monate geblieben, als es am 12. Dezember bei der Wahl um den Austritt aus der EU, eine sozialere Politik und eine bessere Umweltpolitik ging?
Die Kommentare in den Medien hatten eine Vielzahl von Erklärungen. Ich denke: Das britische Wahlvolk hatte generell genug von der Brexit-Frage und wollte die Umsetzung des Entscheids der 52 %, der EU-Gegner. Die Wähler hatten auch keine Sympathien für Corbyns radikale Pläne, die auf eine Nationalisierung von Schlüsselsektoren hinausliefen. Deshalb wurde mit überwältigender Mehrheit Johnson gewählt. Er hat nun (fast) freie Hand in der Durchsetzung seiner Politik für einen sofortigen Brexit, die Sanierung des Gesundheitssystems sowie die verstärkte Durchsetzung von Gesetz und Recht. Johnson will das Vereinigte Königreich (wieder) in eine glorreiche Zukunft führen.
Dabei werden es vermutlich die schottischen Nationalisten mit ihren starken Gewinnen sein, die ihm einen Knüppel zwischen die Beine werfen werden. Sie wollen eine Referendumsentscheidung über das Ausscheiden Schottlands aus eben diesem Vereinigten Königreich erreichen. Derweil werden die Verhandlungen zwischen London und Brüssel laufen, um die Detailfragen der Loslösung Großbritanniens von der EU zu klären. Und die werden noch lange dauern.
Britische Politik bleibt also spannend und wird weiter zwischen Tragödie und Farce schwanken. Shakespeares Narr hätte reichlich Stoff für seine Kommentare…
Brexit, the most pointless, masochistic ambition in our country’s history is done
geschrieben von Ekkehard Henschke
So lautete ein Tweet der britischen Aktivistin Julie Hickmott am 01.Februar 2020.
Auch am zweiten Tag nach dem Austritt fällt mir nichts Neues mehr ein zum Thema, das uns auf der Insel und auf dem Kontinent seit vielen Monaten beschäftigt, aber auch ermüdet hat.
Die eine freut sich (DAILY MAIL), der andere sorgt sich (THE GUARDIAN). Je nachdem, welche Zeitung man in Großbritannien liest.- In Oxford, wo man mehrheitlich für den Verbleib in der EU gestimmt hatte und die "Remainer" stark im Stadtparlament vertreten sind, war die Stimmung traurig-trotzig: Um 23 h/24 h MEZ quittierten die „Remainer“ auf dem Bonn Square am 31.01.2020 mit der Europahymne „Freude schöner Götterfunke“ die Loslösung der britischen Insel von Europa. Den deutschen Text hatten sich einige Briten zuvor ausgedruckt…
Hier weitere Reaktionen in der alten Universitätsstadt Oxford: https://www.oxford.gov.uk/news/article/1309/oxford_city_council_flies_twin_city_flags_following_uk_s_brexit
Auch nichts Neues: Beide Seiten, die Johnson-Regierung und die EU-Unterhändler bauen nun ihre Drohkulissen für die Verhandlungen auf, die das Verhältnis zwischen Großbritannien und der Europäischen Union nach dem 31.12.2020, dem Ende der Verhandlungsfrist, regeln sollen.
Was bleibt nach 47 Jahren Gemeinsamkeit?
Ein Gefühl der Verbundenheit, insbesondere der jungen Generation - jenseits von wirtschaftlicher und Großmannssucht;
Traurigkeit der älteren Generation - weil die Erfahrungen von zwei Weltkriegen mit so vielen Toten und die Freude über gemeinsam erlebten Frieden und Wohlstand nicht ausgereicht haben...
weitere...
Forming a government: British pragmatism versus German thoroughness...
So zeigt sich gegenwärtig die alte Universitätsstadt Oxford. Die Menschen sind auf Distanz zu
einander gegangen, und jeder grüßt jetzt jeden verständnisvoll und freundlich. Doch im Hintergrund lauert weiterhin die Pandemie.
Hier die letzten Zahlen der WHO. (Stand: 17.04.2020)
Jetzt sind es schon vier Wochen her, dass meine Frau Helen und ich in Selbstisolation gegangen sind. Die Zeit habe ich sehr genutzt, um mein lang gehegtes Projekt, ein Buch über die jungen Akademiker in der Organisation von Alfred Rosenberg, Hitlers Chefideologen, endlich zu Ende zu bringen („Rosenbergs Elite und ihr Nachleben“). Vor drei Tagen habe ich das Manuskript an den Verlag geschickt.
Trotz meiner Konzentration auf das Buch erlebte ich durch die Medien, dass die britische Regierung wesentlich später zu den notwendigen Beschränkungen gegriffen hat als die deutsche. Der Premierminister gab ein schlechtes Beispiel, weil er am Virus selbst erkrankte. Hinzu kam, dass das hiesige (kostenlose) staatliche Gesundheitssystem in der Krise überfordert war und ist. Am 17. April wurden 861 neue Tote in Großbritannien gezählt. Andererseits gehören die Mediziner der hiesigen Universität gegenwärtig zu den Spitzenforschern bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19. Im Vergleich dazu kommt Deutschland, auch was die Todesraten (299) angeht, besser weg. Die Iren (42) sind in der Hinsicht noch besser! Die Amerikaner (2.350) schocken uns täglich mit den Opferzahlen aus New York.
Wir sind in „Luxus“-Isolation, weil wir einen kleinen Garten und einen großen Park für den täglichen Spaziergang haben. Und weil wir uns von einem großen Lieferdienst mit Lebensmitteln, dem Milkman mit Milchprodukten, dem französischen Bäcker mit leckeren Backwaren sowie einem Lieferanten von frischem Bio-Gemüse,-Obst, -Fisch und -Fleisch versorgen lassen. Dieses Versorgungssystem bedingt allerdings gute Planung, weil wir nur in wöchentlichen Zeitfenstern bestellen können und die Lieferung erst in einer Woche – in der Regel vollständig – bekommen. Schade natürlich, dass wir Helens kleine Enkeltochter Willow nur auf Distanz oder auf Fotos erleben können, was auch für meine Kinder und Enkelkinder bei Bonn gilt.
Von unseren indischen Freunden habe ich erfahren, dass sich die Mutter mit ihrer behinderten Tochter in Mumbai, dem gemeinsamen, auch beruflichen Mittelpunkt, befindet. Der Ehemann steckt dagegen in London und der Sohn auf einer indischen Insel fest. Wie soll die Pandemie in einem Land mit 1,3 Milliarden Menschen bekämpft werden, für das die Regierung des Hindu-Nationalisten Modi kürzlich einen Lockdown verordnet hat? Die Folgen in den dichtest besiedelten Städten mit riesigen Shanty Towns vermag ich mir angesichts der katastrophalen Entwicklung in Italien, Spanien und in den USA nur mit Grausen vorstellen.
Natürlich vermissen auch wir die bisherigen Annehmlichkeiten, weil wir nicht einfach andere Menschen besuchen, ins Stadtzentrum, ins Kino oder in ein Restaurant gehen können. Dafür erleben wir viel soziale Wärme über die sozialen Medien und über die elektronische Post. Oder sichtbare Zeichen der Unterstützung, die Kinder in unserer Nachbarschaft für die strapazierten Krankenschwestern und Ärzte gemalt haben:
Wir erlebten auch typisch britische Reaktionen auf die Corona-Krise. So erfuhren wir von dem Wunsch eines befreundeten Professors, der bisher begeisterter Golfspieler war und es bleiben wollte. Er konnte nun nicht mehr auf der Weite eines Golfplatzes spielen. Er überlegte, googelte und fand für seinen kleinen Garten in Oxford eine Lösung: Er baute ihn zu einem drei mal drei Meter großen Golfplatz um, der mit einem drei mal drei Meter hohen Netz abgesichert wurde. Wir haben seine köstliche Schilderung mit Fotos vom Aufbau und der Inbetriebnahme gelesen. Der Mini-Golfplatz funktioniert, die Schläger sind in Betrieb...
In der Hoffnung, dass wir möglichst alle gesund bleiben können, grüßt aus Oxford
Mit dem nachfolgenden und geplanten weiteren Beiträgen bitte ich ausdrücklich um Eure Kommentare.
Sie haben unterschiedliche Verfasser. Gemeinsam haben sie die Sorge um Menschen, Tiere und unsere Umwelt. Zusätzlich zu den vielen ungelösten politischen Konflikten, deren tausendfachen Opfern und Massenwanderungen von Süd nach Nord ist eine Pandemie ausgebrochen. Das Sterben der Menschen geht uns alle weltweit direkt an.
Die dynamische Statistik (s.u. Link), die in der aktuellen BBC-Meldung über die Covid-19-Pandemie enthalten ist, zeigt das erschreckende Versagen der politischen Führer, auch beim Zwang zu kooperativen Handeln:
https://www.bbc.co.uk/news/health-51048366
Über das Artensterben in der Tierwelt wird ebenfalls laufend berichtet. Was aber passiert – nur ab und zu berichten die Medien über Waldbrände – mit den Wäldern und deren Sterben vor unserer Haustür? Darüber schreibt ganz konkret von der Naturwissenschaftler Bernd Reuter.
20.05.2020
Ekkehard Henschke
Die Kulturlandschaft „Wald“ unter den Bedingungen der Klimaänderung
Wie können wir unsere Wälder erhalten?
Bernd Reuter*
Seitdem in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts das Phänomen des Waldsterbens als überwunden galt, nachdem eine Reihe von Maßnahmen zur Luftreinhaltung erfolgreich installiert waren, kommt es nunmehr infolge der Klimaveränderungen zu einer nahezu katastrophalen Vernichtung der Wälder.
Der Wald in Deutschland ist seit der Zeit der Romantik zu einem Sinnbild der Stabilität, der Dauerhaftigkeit und der Stärke sowie einem Symbol der Treue und Unverbrüchlichkeit geworden. Das hat letztlich seine Ursachen nicht nur in der ökonomischen Bedeutung, sondern auch in den vielfältigen ökologischen und sozialen Funktionen des Waldes.
Deshalb ist das Fortbestehen unserer Wälder für viele Menschen nicht nur eine existenzielle Frage – von ebenso großer Bedeutung sind die unverzichtbaren Gunstleistungen, die von den Wäldern für die gesamte Gesellschaft erbracht werden.
Müssen wir uns von unserer über Generationen tradierten Vorstellung vom Wald lösen? Ist der Wald – seine Baumartenzusammensetzung, seine Bewirtschaftung, sein Bild - in Deutschland überhaupt jemals über längere Zeit statisch gewesen oder unterliegen wir möglicherweise einem Trugbild?
Neuartige (klimawandelbedingte) Waldschäden
Die Vegetationsjahre 2018 und 2019 waren zwei deutlich zu trockene und zu warme Jahre. Der Waldzustandsbericht von Sachsen-Anhalt führt aus, dass im Vergleich zur Klimareferenzperiode (KLINO) von 1961 bis 1990 8 von 12 Monaten zu trocken und 11 von 12 Monaten zu warm waren. In Sachsen-Anhalt fielen lediglich 80 % des langjährigen Niederschlags (458 mm/a). Die Mitteltemperatur erreichte 10,8 °C und war damit 2,5 K wärmer gegenüber der KLINO. Der langjährige Erwärmungstrend setzt sich unvermindert fort. Die Niederschläge außerhalb der Vegetationszeit reichten nicht aus, um den pflanzenverfügbaren Bodenwasserspeicher aufzufüllen.
Die durch die Klimaveränderungen – vor allem die Trockenheit der vergangenen drei Jahre und die extremen Stürme – sowie die auftretenden Schädlingskalamitäten verursachten Waldschäden haben bedrohliche Ausmaße angenommen. Wie neuerdings ermittelt wurde, sind in Deutschland 245 000 ha Waldfläche betroffen, die wieder aufgeforstet werden müssen. Diese Fläche ist fast so groß, wie das Saarland!
Als eine der künftig größten Gefahren für den mitteldeutschen Waldbestand ist die latente Waldbrandgefahr anzusehen.
Nicht so sehr infolge mangelnder Winterniederschläge, sondern als Ergebnis der bis zu 3 K gegenüber der Klimaperiode 1961 bis 1990 (KLINO) zu warmen Winter und entsprechend zunehmender Verdunstung beginnt bereits im März/April die Waldbrandgefahr – vor allem in den Gebieten der Altmark sowie der im Nordosten und Osten Sachsen-Anhalts gelegenen Heiden mit leichten Böden und damit geringer natürlicher Feuchtekapazität (nFK).
Laut einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion des Bundestages an die Bundesregierung hat es 2018 ca. 1 700 Mal in deutschen Wäldern gebrannt, im Vorjahreszeitraum dagegen nur rund 400 Mal. 2 300 ha Waldfläche wurden dadurch in nur einem Jahr vernichtet. Die meisten Waldbrände wüteten in Brandenburg mit gut 500. Es folgten Sachsen (rund 200) und Sachsen-Anhalt (rund 180).
In Sachsen-Anhalt wie auch in Thüringen sind nur noch 15 % der Bäume schadfrei. Besonders prekär ist die Lage im Harz. Hier sind flächenhafte Zerstörungen eingetreten und ganze Waldbestände aufgelöst worden. Der Kennwert „mittlere Kronenverlichtung“ als Schadensparameter erreicht nunmehr 26 % aller Bestände; bei den älteren Fichten 43 % und bei den älteren Buchen sogar 49 %. Im Durchschnitt muss von einem Schadensbild der Kronenverlichtung bei den Laubbäumen aller Altersklassen von 37 % in Sachsen-Anhalt ausgegangen werden.
Bisherige Strategien zum Schutz und zum klimaresistenten Umbau unserer Wälder
Fachleute des Instituts für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität Frankfurt/Main warnen in ihrem „South Hesse Oak Project“ (SHOP) bereits vor einer „Versteppung der Wälder“ und diskutieren, mit welchen Strategien man einer klimabedingten Versteppung entgegenwirken kann.
In der Literatur werden mehrere Szenarien besprochen, die gegenwärtig untersucht und erprobt werden:
- Wälder sich selbst überlassen
- Wälder räumlich diversifizieren
- Klimaresistente Baumarten einsetzen.
Eine besondere Gruppe von Bäumen stellen die „vergessenen“ Baumarten dar. Sie waren bei uns immer heimisch und spielten im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit eine bedeutende Rolle. Mit der Einführung der Altersklassenwälder waren sie fast vollständig verdrängt worden. Es handelt sich um den Speierling, die Elsbeere, die Edelkastanie und die Walnuss. Der Speierling (Sorbus domestica) kommt heute in Mitteldeutschland – ebenso wie die Elsbeere (Sorbus torminalis) – nur noch in einzelnen Exemplaren verstreut vor. Die Edelkastanie (Castanea sativa) ist vor allem in der Südpfalz seit der Antike, durch die Römer eingebracht, heimisch (ca. 3 000 ha Waldfläche in den Forstämtern Annweiler und Hardt).
Speierlingsfrüchte (Arboretum Annarode) (Foto Reuter 2017)
Ein Plädoyer für die historischen Waldbetriebsarten Mittel- und Niederwald
Alle Klimaprognosen legen eine drastische Veränderung im Laufe einer einzigen Baumgeneration nahe (IPCC 2007, zit. bei Finkeldey u.Hattemer, 2010). Die bisher veranlagten langen Umtriebszeiten von z. B. 160-180 Jahren bei Eichen, sind unter diesem Aspekt als obsolet zu betrachten. Die angeführte befürchtete „Versteppung“ unserer Wälder in Richtung der osteuropäischen Waldsteppen würde nicht nur dazu führen, dass bereits die kommende Generation unsere Wälder nicht mehr wiedererkennt. Weiterhin steht zu befürchten, dass eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen mit all ihren ökologischen und ökonomischen Funktionen weitgehend ausfällt.
Daher sei an dieser Stelle in Erinnerung gerufen, dass das Waldbild noch vor ca. 100 Jahren auch in Mitteleuropa ein ganz anderes war: auf großen Flächen standen Mittel- und Niederwälder.
Die Abkehr von den historischen Betriebsarten ist also gar nicht so lange her. In der Mitte des vergangenen zwanzigsten Jahrhunderts hat z. B. die Niederwaldwirtschaft in Italien noch 40%, in Frankreich 25%, in Spanien 22%, in Griechenland 18% und in Belgien 16% der Waldflächen eigenommen (Mayer 1992). Im Norden und Nordosten Frankreichs wurden noch im Jahr 2001 knapp 3,5 Millionen Waldfläche als Mittelwald ausgewiesen.
Auch in Deutschland dominierte – unterschiedlich in den einzelnen Regionen – die Niederwaldwirtschaft. So wurden beispielsweise Anfang des 19. Jahrhunderts im Siegerland über 85 % der Gesamtwaldfläche niederwaldartig genutzt (Conrady 1999; zit. bei A. Becker 2002). Alfred Becker stellte fest, dass im Jahr 2000 noch ca. 6.000 bis 7.000 ha Niederwald im Siegerland als genossenschaftlich genutzter „Hauberg“ vorhanden waren.
Aktuell sind in Deutschland 0,4 % der heutigen Waldfläche mit Mittelwald bestockt (BMELV, 2005; Konold et al., 2009). Die flächenmäßig größten, häufig auch wissenschaftlich betreuten Mittelwälder liegen in Franken (5 100 ha, Iphofen, Bad Königshofen) und im Harzvorland. Eine Antwort auf den Klimawandel könnte durchaus das Wiederaufleben von Nieder- und Mittelwald sein.
Der Klimawandel und die damit verbundenen Standortsveränderungen sollten uns veranlassen, aus volkswirtschaftlichen, ökologischen und naturschutzfachlichen Erwägungen die bisherige Position zu überdenken. Für die Neubewertung der historischen Waldbetriebsarten gibt es eine Reihe von Gründen:
> Kurze Umtriebe machen unabhängiger vom offenbar schnell voranschreitenden Klimawandel
> Stockausschlagfähige Baumarten sind pflegeleicht, bringen rasch Ertrag und erlauben eine kahlschlaglose Dauerbestockung
> Durch kurze Umtriebszeiten kann die Artenzusammensetzung schneller verändert und an Klimaveränderungen angepasst werden. Das bedingt:
- Geringe Anfälligkeit gegen Sturmeinwirkung
- Verringerung der Auswirkungen von Feuerschäden und der Ausbreitung von Waldbränden; leichtere Beherrschung von Feuern
- problemloser Einsatz von Ernte- und Rücketechnik
> Mittelwald sorgt durch die Laßreitel für Überschirmung und bessere Ausnutzung des Wasservorrates im Boden (die Unterschicht nutzt oberflächennahe Wasservorräte; die Oberschicht erschließt sich die tieferen Bodenwasservorräte)
> Kleinräumliche Differenzierung der Bestände (Licht-/Schattenwechsel) schafft Artenvielfalt
> Holz ist als dritte Säule der dezentralen Energiewende (Wind-, Solar- und Bio-/Holzenergie) vor allem geeignet für Kraft-Wärmekopplungsanlagen im ländlichen Raum. Bedauerlich, dass die Landespolitik keine wirksamen Maßnahmen unternimmt, um die Energiewende im ländlichen Raum dezentral zu unterstützen.
Durchgewachsener Eichen-Niederwald im NSG Teufelskadrich bei Lorch am Rhein (Foto Reuter 2007)
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------* Bernd *Reuter war bis 1992 als Professor an der Universität Halle tätig und arbeitet seitdem als Experte für Stadtökologie und Kulturlandschaftsentwicklung, u.a. für ein EU-Projekt.-
Reuter hat schon 1974 (!) in der DDR auf die Warnungen des sowjetischen Klimaforschers Michail I. Budyko (1920-2001) hingewiesen. Belege für die o.a. Informationen sind erhältlich: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Pandemie, Demokratie und Extremismus
geschrieben von Ekkehard HenschkeIm Corona-Monat Oktober wurde das Buch ausgeliefert, das mir seit langem am Herzen lag:
„Rosenbergs Elite und ihr Nachleben. Akademiker im Dritten Reich und nach 1945“.
Es behandelt einen „Virus“, der die Deutschen nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg befallen hatte. Der „Virus“ des Faschismus‘ befiel viele intelligente und weniger intelligente Menschen. Er führte nicht nur zum Zweiten Weltkrieg sondern – schlimmer noch – zu einem Kulturbruch, denn dies bedeutete die staatlich durchgeführte Vernichtung menschlichen Lebens im Holocaust. Bis heute hat sich Deutschland geistig nicht völlig davon erholt. Dieses Werk ist zugleich eine Art Fortsetzung des vorigen Buches, das sich mit dem Leben und Werk von Werner Taesler beschäftigte.
Die Beschäftigung mit diesem deutschen Sozialisten und Architekten stellte einen Hoffnungsstrahl bei der Beschäftigung mit dem Rosenberg-Buch dar. Es ist ein Beweis dafür, dass sich braunes Gedankengut in den 1930er und 1940er Jahren zwangsläufig nicht überall ausbreiten musste (und heute erst recht nicht zwangsläufig ausbreiten muss). Taesler widmete seine junge Kraft beim Aufbau neuer Städte in der Sowjetunion in den 1930er Jahren, brach mit der stalinistischen Perversion des Sozialismus und fand später im schwedischen Exil zu einem undogmatischen Humanismus im Einklang mit der Natur.
Gegenwärtig gilt die Sorge dem Bestand der demokratisch verfassten und gelebten Freiheit, weil die tückische Pandemie neben dem nackten Leben diese Freiheit bedroht. Vor allem Populisten auf dem rechten politischen Spektrum sind es, die die notwendigen gesundheitlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie für ihre Agitation benutzen. Beachten wir also die AHA-Regeln* im übertragenen Sinne auch zu unserem Schutz im politischen Raum!
Die Situation verschärft sich weltweit: Großbritannien meldet heute laut BBC 917.575 bestätigte Corona-Fälle (+ 22.885 gegenüber Vortag), in Deutschland sind es laut RKI 464.239 (+ 14.964). Wie in Großbritannien, wo z.B. die Universität Oxford disziplinarisch gegen Studenten vorgehen will, die positiv getestet wurden und sich um keine Vorsichtsregeln kümmern, wird man sich auch in Deutschland um rücksichtlose Studenten kümmern müssen; vgl. dazu: https://www.bbc.com/news/uk-england-oxfordshire-54716341
*Abstand, Hygiene, Alltagsmasken
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